Sufismus

Aus AnthroWiki

Der Sufismus (arab. صوفية sufiya, DMG ṣūfīya), bekannt auch als Tasawwuf (arab. تصوف tasawwuf, DMG taṣauwuf), veraltet auch als Sufitum oder Sufik bezeichnet, ist eine asketisch-spirituelle Strömung, die sich selbst heute dem Islam zuordnet und darum auch als die islamische Mystik schlechthin aufgefasst wird, tatsächlich aber wesentlich älteren Ursprungs als dieser ist und gelegentlich auch mit dem Gnostizismus in Zusammenhang gebracht wird. Nicht geklärt ist, ob das Wort Sufi von arabisch ṣūf صُوف‎ – „Schurwolle“, das auf die wollenen Gewänder der Sufis hinweist, oder von ṣafā صفا‎ – „rein“ abstammt.

Überblick

In einem neueren Lexikon der Esoterik heißt es zum Schulungsweg des Sufismus: "Vorbereitet durch Askese, steigt die Seele auf einer Stufenleiter empor, bis sie über alle Leidenschaften triumphiert und sich in einer Art Ekstase mit Gott vereint. Einzelne Richtungen des Sufismus gehen so weit zu behaupten, daß der Mensch von Allah abstamme und seiner Natur nach göttlich werden könne. Man unterscheidet folgende Stufen: Erkenntnis, Verweilen und ruhen in Gott, Entwerdung seiner Selbst und mystische Vereinigung mit Gott. Spätere Formen des Sufismus betonen Ekstase, Musik, Tanz (Derwische) und Murmelmeditation (...)." (Lit.: M. Roberts, S. 427). Gerade Musik und Tanz werden aber innerhalb des orthodoxen (wahabitischen und salafistischen, z.T. auch schiitischen) Islam als a-religiös verfolgt und zuweilen mit drakonischen Strafen belegt.

"Vor- und außerislamische Einflüsse sind wahrscheinlich, aber die Sufis selber führen ihre Bewegung auf den Propheten Mohammed und die ihm zuteil gewordenen Offenbarungen im Koran zurück. Nachdem in der frühesten Zeit eine sinnenfeindliche Haltung der Bewegung charakteristisch war, begründete Rabi'a al-Addawiyya von Basra (gest. 801) die Liebesmystik, die seither für das Gepräge der Sufik bestimmend ist. (...) In den sich seit dem 11. Jahrhundert bildenden sufistischen Orden spielt das Prinzip der Initiation eine wichtige Rolle, ebenso wie ekstatische Techniken." (Lit.: J. Iwersen, S. 234 - 235). Neben den dem Islam zuzuordnenden Sufi-Orden gibt es neuerdings auch solche, die sich als überkonfessionell verstehen. Gerhard Wehr allerdings beschreibt den Sufismus als rein islamische "Mystik und Esoterik". Doch das Werk Khalil Gibrans weist nach, dass sufistisches Gedankengut auch im morgenländischen christlichen Kontext beheimatet sein kann.

Dem sufistischen Mystiker Rumi werden u.a. folgende Verse zugeschrieben:

Gold braucht keinen Stein des Weisen, aber das Kupfer, ja.
Veredle dich.
Was lebt, laß sterben: Es ist dein Körper.
Was tot ist, erwecke: Es ist dein Herz.
Was anwesend ist, verstecke: Es ist das Diesseits.
Was abwesend ist, laß kommen: Es ist das Jenseits.
Was existiert, vernichte: Es ist die Begierde.
Was nicht existiert, erzeuge: Es ist das Sehnen.[1]

Goethe wurde in seiner Islam-Rezeption entscheidend durch den Sufismus beeinflusst.

Siehe auch

Literatur

  • Johann Wolfgang von Goethe: West-östlicher Diwan
  • Marc Roberts: Das neue Lexikon der Esoterik, Goldmann TB, München 1995, S. 427
  • Julia Iwersen: Lexikon der Esoterik, Artemis & Winkler, Düsseldorf und Zürich 2001, S. 234 - 235
  • Gerhard Wehr: Wörterbuch der Esoterik, Herder Vlg., Freiburg im Breisgau 1989, S. 125 - 126
  • Eric-Emmanuel Schmitt: Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran, S. Fischer Vlg., Frankfurt a.M. 2004
  • Idries Shah: Die Sufis. Botschaften der Derwische, Weisheit der Magier, Vlg. Diederichs, München 1994
  • Annemarie Schimmel: Mystische Dimensionen des Islam. Die Geschichte des Sufismus, Insel Vlg., Frankfurt am Main/Leipzig 1995
  • Annemarie Schimmel: Sufismus. Eine Einführung in die islamische Mystik, C. H. Beck, München 2000
  • Annemarie Schimmel: Gesang und Ekstase. Sufi-Texte des indischen Islam, Kösel Vlg., München 1999
  • Khalil Gibran: Der Prophet, Walter Vlg., Solothurn - Düsseldorf 1994
  • Tarbiyatun Nafs - Das Reinigen des Seele!, Ilm-Verlag, Dortmund 2015

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zitiert nach: Eric-Emmanuel Schmitt, S. 96