Sphären

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Kosmologie aus einem Exemplar der Schedelschen Weltchronik (1493?), fol. 5v
Die 10 Sephiroth, die sich aus dem göttlichen Urlicht Ain Soph Aur nach dem Tzimtzum in Form immer kleiner werdender konzentrischer Kreise (Igulim) herausbilden.
Die Himmelssphären nach Sacrobosco, aus Peter Apian, Cosmographia, 1539

Die himmlischen Sphären (hebr. גַּלְגַּלים Galgalim, Ez. גַּלְגַּל Galgal „Rad“) sind nach okkulter Anschauung kosmische Herrschaftsgebiete höherer geistiger Hierarchien. Das geozentrische Weltbild des Mittelalters umfasst, aufbauend auf dem Weltbild der Antike, insgesamt 10 Sphären.

Die sieben Planetensphären, die den 7 mit freiem Auge sichtbaren Planeten zugeordnet werden, sind umgeben von der Fixsternsphäre mit dem Tierkreis, dem Herrschaftsgebiet der Cherubim (Tierkreiswesenheiten) und Seraphim. Im mittelalterlichen Weltbild schließt sich daran als 9. Sphäre der Kristallhimmel, der zugleich das Primum Mobile ist. Als „Träger“ der Planeten und Sterne wurden auch die untergeordneten Sphären als Kristallsphären angesehen. In der christlichen Überlieferung wurde der Begriff des Kristallhimmels oder der Kristallsphäre aus der Genesis abgeleitet, wo am zweiten Schöpfungstag von der Feste (lat. firmamentum, hebr. רקיע, rakía) gesprochen wird, durch die die himmlischen und irdischen "Wasser" voneinander geschieden werden. Die oberste Weltensphäre ist das Empyreum (lat. empyreus „im Feuer“, von altgriech. ἔμπυρος émpyros), der Feuerhimmel, der Wohnsitz der höchsten Gottheit, der Trinität.

Im engeren Sinn bezieht sich die Bezeichnung Galgalim („Räder“) auf die Throne, die in der Saturnsphäre herrschen und wohl mit den von Ezechiel in seiner Thronwagenvision berschriebenen Ophanim (hebr. אוֹפַנִּים „Räder“) gleichzusetzen sind. Darüber erhebt sich der Tierkreis mit den Cherubim.

In der Fragenbeantwortung zu einem in Leipzig am 12. Januar 1908 gehaltenen Vortrag erläutert Rudolf Steiner die Bedeutung der „Räder“ und bringt sie in Zusammenhang mit den zehn Sephiroth der Kabbala und der zeitlichen Entwicklung der Wesensglieder des Menschen:

„Die Räder des Wagens, Merkabah, deuten die Umschwünge an, durch welche der Mensch sich weiter vorausbewegt, und es sind damit Runden gemeint. Mit den zehn Sephirot sind Zeitabschnitte, Entwicklungsstufen bezeichnet, die der Mensch durchmachte. Vier Entwicklungsstufen machte der physische Leib durch: Saturn, Sonne, Mond, Erde. Drei Stufen der Ätherleib: Sonne, Mond, Erde. Zwei Stufen der Astralleib: Mond, Erde. Das Ich steht auf der ersten Stufe: zusammen sind es zehn.“ (Lit.: Beiträge 32, S. 31))

Ähnlich Ansichten vertraten auch die Kabbalisten. So unterscheidet etwa auch Josef Gikatilla (1248-1325), der ungefähr zur Zeit Dantes in Spanien lebte, folgende 10 Sphären, die den 10 Sephiroth entsprechen:

„Die Mondsphäre, die Sphäre des Merkur (Galgal ha-Kochav), die Sphäre der Venus (Gaggal Nogah), die Sonnensphäre (Galgal Hamma), die Sphäre des Mars (Galgal Ma'adim), die Sphäre des Jupiter (Galgal Zedek), die Sphäre des Saturn ( Galgal Schabbtat), die Sphäre des Zodiak (Galgal ha-Massalot), die Sphäre des 'Aravot Himmels, der Zehnte Intellekt. Dies sind die zehn Sefirot belima, zu welchen die untere Welt, das heißt die Erde, nicht hinzu gehört.“

Josef Gikatilla: Sefer Ginnat 'Egos[1]

Der 'Aravot Himmel entspricht dem Primum Mobile: „Wisse, dass 'Aravot die neunte Sphäre ist, oberhalb von allen Sphären, und sie bewegt sie alle mit einer steten Bewegung.“[1]

Die 10. Sphäre entspricht dem Empyreum und ist, ähnlich wie bei Dante, die Sphäre der von der Materie vollkommen getrennten Separaten Intellekte (hebr. שכלים נפרדים Sechalim nifradim), d.h. der Engelhierarchien. Diese Gemeinschaft der zehn Nifradim (נפרדים „Separate“) wird von Gikatilla auch als (rechtmäßiger) Fürst der Welt und aktiver Intellekt bezeichnet und mit Metatron identifiziert:

„Wisse, mein Bruder, Gott behüte dich, dass jene drei Stufen, nämlich die [reine] Form, die Materie und die Zusammensetzung, die gesamte Wirklichkeit umfassen. Die [reine] Form, das sind die Engel, die man Sechalim nifradim, Separate Intellekte, nennt, und sie sind Form ohne Materie und sie werden Einfacher [oder: entblößter] Intellekt genannt. Und dies ist die erste Stufe des Existierenden. Das ist die oberste Stufe. Und diese Form besteht aus zehn Stufen, und sie alle werden Sechalim nifradim genannt.“

Josef Gikatilla: Sefer Ginnat 'Egos[1]

„Nachdem wir diese Sache erläutert haben, kehren wir zur Erklärung des Mysteriums der neun Sphären (Galgalim) zurück, welche stets kreisen und sich drehen aus der Kraft des jod (י) [Zahlwert ist 10], welches ein Hinweis darauf ist, dass das Zehnte heilig ist Und dies ist der Zehnte Intellekt, welcher Fürst der Welt genannt wird. Du musst allerdings wissen, dass es entsprechende Beweger für die Bewegten und Lenker für die Gelenkten gibt, und Oben entsprechend dem Unten, und das sind die Sechalim ha-nifradim. Wenn wir aber den Zehnten Intellekt erwähnen, dann sind damit alle gemeint [...]“

Josef Gikatilla: Sefer Ginnat 'Egos[1]

„Die Bewegung ist in die Hand des Zehnten Intellekts gelegt [ ... ] und weil dieser Fürst Zeugnis für seinen Meister ablegt, wird er treuer Knecht genannt [ ... ] denn dieser Fürst bezeugt [ ... ] dass es einen Herrscher über ihm gibt. Dies ist ein Zeugnis für Israel, dass sie den Namen JHWH preisen sollen, denn Israel [Zahlwert 541] ist im Mysterium der Aktive Intellekt (ha-Sechel ha-po 'el) [Zahlwert 541 ], der Zehnte Fürst, der Israel genannt wird. So ist also der Aktive Intellekt bereit, den Namen JHWH zu preisen, der der Herrscher ist [ ... ]. So lernst du aus all dem, dass der Knecht, welcher Metatron ist, für seinen Meister, E.s.g., Zeugnis ablegt.“

Josef Gikatilla: Sefer Ginnat 'Egos[1]

Die sublunare Sphäre, also die Region innerhalb bzw. unterhalb der Mondsphäre, gliedert sich weiter in die Bereiche der vier Elemente: Erde, Wasser, Luft und Feuer. Die Sphären selbst dachte man sich bereits seit der Antike als vollkommen durchsichtige kristallene Schalen, die aus dem fünften Element, der Quintessenz, also aus Äther bestehen.

Im Leben zwischen Tod und neuer Geburt durchwandert der Tote die Planetensphären, die aber nicht als äußere räumliche Bereiche, sondern als Seelenregionen (bis zur Sonnensphäre) bzw. als Teile der geistigen Welt aufzufassen sind. Die sublunare Sphäre entspricht dabei dem Kamaloka (Fegefeuer), in dem der Mensch seine Bindung an das vergangene Erdenleben abstreift.

Die Seelenwelt gliedert sich, beginnend mit der niedrigsten Region, nach den Angaben Rudolf Steiners in folgende Bereiche (Lit.: GA 9, S. 68), die zugleich bestimmten Planetensphären entsprechen (Lit.: GA 141, S. 172ff):

Mondensphäre (Kamaloka)

Daran schließt sich die Himmlische Welt, nach indisch-theosophischer Terminologie das niedere Devachan:

4. Die Quelle der urbildlichen Gedanken. Diese Region wird auch als Akasha bezeichnet.
3. Die Urbilder des Seelischen - der Luftkreis der himmlischen Welt (Saturnsphäre).
2. Die Urbilder des Lebendigen - das Meeresgebiet, der Ozean der geistigen Welt (Jupitersphäre).
1. Die geistigen Urbilder der physischen Welt - das Kontinentalgebiet des Geisterlandes (Marssphäre).

Die Region des Akasha bzw. der Akasha-Chronik überragt bereits die Planetensphären und reicht in die Tierkreisregion hinein.

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 zit. nach Grözinger, S. 306 - 307