Okkulte Schrift

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Durch geistige Schulung kann das inspirierte Bewusstsein schon heute in gewissem Sinn vorausgenommen werden; es muss dazu die Verstandes- oder Gemütsseele zur Inspirationsseele umgebildet werden. Die Inspiration, als dritte zu erreichende Stufe des Rosenkreuzer-Schulungswegs, wird auch bezeichnet als das Lesen der okkulten Schrift. Das Ich muss diese Fähigkeit erst lernen, während der Astralleib sie schon besitzt, doch haben wir darauf mit unserem Wachbewusstsein zunächst keinen Zugriff.

Die Weisheit des Astralleibs

„Der Mensch erlebt sich in seinem Ich vom Aufwachen bis zum Einschlafen, und alle Erlebnisse sind Ich-Erlebnisse. Im astralischen Leibe erlebt sich der Mensch nicht. Dieser astralische Leib ist nämlich - ich habe das schon bei anderen Gelegenheiten betont - im Grunde genommen unendlich viel weiser als der Ich-Mensch. Er kann viel mehr, als der Ich-Mensch kann. Dieser astralische Leib kann tatsächlich dasjenige lesen, was ich Ihnen andeutungsweise geschildert habe als okkulte Schrift. Der Astralleib kann diese okkulte Schrift lesen; er kann sie wirklich lesen.

Man kann neben vielen andern Vorstellungen, durch die man ein Verständnis des astralischen Leibes hervorrufen kann, auch die haben, daß er ein Leser der okkulten Schrift ist. Und der ätherische Leib dagegen ist, unter mancherlei anderen Eigenschaften, die er hat, etwas wie eine Schrifttafel, in welche durch die Vorgänge der Welt fortwährend die okkulte Schrift eingetragen wird.“ (Lit.:GA 156, S. 115)

„Denn dieser Astralleib enthält zum Beispiel - Sie mögen es glauben oder nicht - die ganze Mathematik, nicht nur die jetzt bekannte, sondern auch alles in der Mathematik, was noch einmal entdeckt werden wird. Wollte man allerdings die ganze Mathematik daraus herauslesen, bewußt herauslesen, so müßte man es tätig tun, müßte sich erst die entsprechend erstarkten Fähigkeiten dazu aneignen; aber enthalten ist wirklich alles darin. Also es ist die Offenbarung wie aus einem Stücke unseres Astralleibes heraus, wenn wir uns selbst gegenübertreten. Und auf diesen Offenbarungen des Astralleibes beruht wirklich auch vieles, was wie innere Eingebungen über uns kommt. Geradeso wie ein gewisses Halluzinieren unter solchen Umständen entsteht, wie ich es vorhin charakterisiert habe, so kann auch durch besondere Verhältnisse unserer Organisation das in uns sprechend werden, was gescheiter ist als wir selber. Dann können wir innere Eingebungen haben, dann kann etwas in uns auftreten, was nicht auftreten würde, wenn wir bloß unsere gewöhnliche Urteilskraft anwenden würden im gewöhnlichen physischen Leibe. Aber es ist gefährlich, solche Dinge auftreten zu lassen, sich solchen Dingen hinzugeben. Es ist gefährlich aus dem Grunde, weil solche Dinge kommen und wir sie nicht bewältigen können, solange wir ihnen nicht urteilend beikommen. Und da wir sie nicht bewältigen können, hat Luzifer einen so leichten Zugang zu allen diesen Dingen, und wir können es nicht wehren, daß er sie nach seinem Sinn und nicht nach dem Sinn der ordentlichen Weltordnung lenkt.“ (Lit.:GA 154, S. 22)

„Wenn man im gewöhnlichen Leben träumt, so hat man die Empfindung, die Traumbilder «weben», spielen sich so ab. Denken Sie, was Sie vorstellen müssen von diesen Träumen: Die Traumbilder schweben so vor meiner Seele vorbei. - Das ist die Vorstellung, die Sie haben müssen. Denken Sie nun, Sie hätten nicht diese Vorstellung, sondern die andere: Sie setzten selber die Traumbilder in den Raum und in die Zeit hinein, wie Sie die Buchstaben auf das Papier setzen. Diese Vorstellung hat man beim gewöhnlichen Träumen und auch bei Halluzinationen nicht. Man muß aber dieses Bewußtsein beim imaginativen Vorstellen haben. Da muß man das Bewußtsein haben: Du bist die waltende Macht in deinen Träumen. Du setzt das eine hin und fügst das andere dazu, wie man auf ein Papier etwas aufschreibt. Du bist die waltende Macht, du machst es selbst. Nur die Kraft, die hinter dir ist, wie beim Schreiben, ist die, welche macht, daß es wahr ist, was du aufschreibst. - Das muß man sich klarmachen, daß der große Unterschied zwischen Träumen, Halluzinationen und wirklicher Hellsichtigkeit darin besteht, daß man bei letzterer überall das Bewußtsein hat, man ist sozusagen der okkulte Schreiber. Was man sieht, das wird aufgezeichnet als eine okkulte Schrift. Man schreibt das hin in die Welt, was einem ein Ausdruck, eine Offenbarung der Welt ist. Sie könnten natürlich sagen: Dann brauchte man das nicht aufschreiben, denn das weiß man ja vorher. Warum soll man es aufschreiben? - Das ist aber nicht wahr. Denn der, der dann schreibt, ist man nicht selber, sondern das ist die Wesenheit der nächststehenden höheren Hierarchie. Man gibt sich der Wesenheit der nächststehenden höheren Hierarchie hin, und das ist die Kraft, die in einem waltet. Man schreibt ganz in einem inneren Seelenvorgange das auf, was durch einen waltet. Und indem man es dann anschaut, dieses Geschriebene in der okkulten Schrift, offenbart sich einem das, was zum Ausdruck kommen soll.

Sie sehen jetzt, warum in öffentlichen Vorträgen so vielfach darauf hingewiesen worden ist, wie die Entwickelung zum Hellsehertum darauf beruht, daß alles Wahrnehmen ein aktives, ein tätiges wird, daß es nicht, was für die Erkenntnis der physischen Welt richtig ist, bei dem passiven Hingegebensein an die Welt bleibt.“ (Lit.:GA 154, S. 14)

„Die gewöhnlichen Träume verfließen ja so, daß das eintritt, was ich vorhin charakterisiert habe, daß sich das Traumgewebe vor uns abrollt und wir kein deutliches Ich-Bewußtsein dabei haben, sondern erst nachher das Traumgewebe überdenken mit unserem Ich-Bewußtsein. Wer genau die Verhältnisse prüft, wird finden, daß es so ist. Aber es treten auch Träume auf, wo wir uns gleichsam selber objektiv gegenübertreten. Nicht nur daß wir uns, wie es auch vorkommt, selber wirklich sehen, denn das kann auch eintreten, sondern es kann auch etwas anderes eintreten. Bekannt ist ja der Traum, wie der Schuljunge träumt, daß er in der Schule sitzt, wie eine Rechenaufgabe gegeben wird, und wie er sie so gar nicht lösen kann. Da kommt ein anderer und löst sie spielend. Das träumt er wirklich. Nun werden Sie ja einsehen, daß er es selber war, der sich entgegengetreten ist und die Aufgabe löste. Man tritt sich also auch so gegenüber, erkennt sich aber nicht. Darauf kommt es aber nicht an. In einem solchen Falle spaltet sich gleichsam das Ich des Menschen.“ (Lit.:GA 154, S. 20f)

„Wenn also der Mensch seine inneren Kräfte erstarkt, dann lernt er auch so innerlich zu leben, daß er im astralischen Leibe hellsichtig wird. Aber Sie werden jetzt aus dem, was ich gesagt habe - ich habe darum den Traum herangezogen -, ersehen, daß es zu diesem Hellsichtigwerden im astralischen Leibe notwendig ist, daß man gewissermaßen immer eine deutliche Vorstellung hat von dem Sich-Gegenüberstellen der eigenen Wesenheit. So wie man im physischen Leben nicht gesund lebt, wenn man nicht voll bei seinem Bewußtsein ist, so lebt man gegenüber der Welt, die höher ist als die physische Welt, seelisch nicht gesund, wenn man sich nicht immer sieht. In der physischen Welt ist man selber, in der höheren geistigen Welt ist man so zu sich, wie man in der physischen Welt zu einem Gedanken ist, der ein vergangenes Erlebnis darstellt. Einen solchen Gedanken, der ein vergangenes Erlebnis darstellt, schaut man innerlich an. Man verhält sich zu ihm wie zu einer Erinnerung. Wie man in der Sinneswelt sich zu einem Gedanken verhält, so weiß man in der geistigen Welt, daß man auf sich hinschaut, sich anschaut. Man muß immer sich dabei haben bei den Dingen, die man in der geistigen Welt erlebt. Und das ist im Grunde genommen die eine einzige Vorstellung, die sich in den Dingen hineinstellt - über die man zunächst nicht die Macht hat, von der ich vorhin gesprochen habe - und die auch für die geistige Welt gilt, so daß man die Dinge meistert, daß man die waltende Macht ist. Wie der Schwerpunkt, um den sich alles gruppiert, ist die eigene Wesenheit. Wie man in der geistigen Welt hantiert, das merkt man an der eigenen Wesenheit. Man merkt: So ist man in der geistigen Welt. - Nehmen wir an, man ist in der geistigen Welt darinnen und man nimmt etwas Unrichtiges wahr, das heißt, man hantiert durch die okkulte Schrift unrichtig. Ja, wenn man durch die okkulte Schrift unrichtig hantiert und sich als den Schwerpunkt wahrnimmt, um den sich alles herumgruppiert, dann erlebt man an seiner eigenen Wesenheit: So schaust du aus, denn du hast etwas unrichtig gemacht; jetzt mußt du das verbessern! - Man merkt an der Art und Weise, wie man wird, was man gemacht hat. Wenn ich es vergleichsweise darstellen will, so möchte ich sagen: Sie seien hier in der physischen Welt, aber Sie seien nicht in sich, sondern um sich herum, und Sie sagen zu jemandem: Jetzt ist es halb zwölf - aber das ist nicht wahr. Und in dem Augenblick schauen Sie sich an, wie Sie sich die Zunge entgegenstrecken und sagen jetzt: Das bist du ja nicht! - Und nun fangen Sie an, an sich auszubessern, bis es richtig ist, und bis Sie sagen: Es ist zwanzig Minuten nach neun! - Dann geht die Zunge wieder zurück. So schauen Sie sich an, ob Sie sich richtig in der geistigen Welt verhalten.“ (Lit.:GA 154, S. 22ff)

Lesen der okkulten Schrift

„Dann kommt die dritte Stufe, das <Lesen der okkulten Schrift>. Die Bilder stellen sich vor die Imagination, und es ist nicht mehr möglich, an Täuschung zu denken. Diese Bilder sind die Sprache der höheren Wesenheiten: Engel, Erzengel, Seraphim, Thronoi und so weiter. So erleben wir die Welt der geistigen Wesenheiten. Von dem wirklichen Bilde lernen wir die Imagination unterscheiden durch die Wirkung, die sie auf uns ausübt. Zum Beispiel wird das Bild eines glühenden Eisens uns nie brennen wie das glühende Eisen selbst; und wenn auch das Bild einer Limonade uns das Wasser in den Mund kommen lässt, so wird es doch niemals unseren Durst löschen. Durch die Imaginationsübungen also lernen wir, die okkulte Schrift zu lesen, und das ist ein bedeutungsvoller Fortschritt.“ (Lit.:GA 111, S. 196)

„Die dritte Stufe ist das Lesen der okkulten Schrift, das heißt, nicht nur einzelne Bilder sehen, sondern das Verhältnis dieser verschiedenen Bilder auf sich wirken lassen. Das wird zu dem, was man okkulte Schrift nennt. Man beginnt die Kraftlinien, die schöpferisch durch die Welt gehen, durch die Imagination zu gewissen Figuren und Farbengestaltungen zu ordnen. Man lernt einen inneren Zusammenhang, der in jenen Figuren ausgedrückt ist, empfinden: das wirkt als der geistige Ton, als die Sphärenharmonie, denn jene Figuren sind den wahren Weltverhältnissen nachgebildet. Unsere Schrift ist ein letzter dekadenter Rest dieser alten okkulten Schrift und ihr nachgebildet.“ (Lit.:GA 99, S. 162)

„Als drittes ist zu lernen das Lesen der okkulten Schrift. Das hilft uns, die mannigfachen Erscheinungen richtig aufzureihen wie Perlen an einer Schnur. Die okkulte Schrift ist nicht willkürlich erdacht, sondern stellt die Strömungen dar, welche die Welt durchfließen.
Zeichnung aus GA 94, S. 287
Zeichnung aus GA 94, S. 287
Etwas, das in der geistigen Wirklichkeit eine große Rolle spielt, sind zwei ineinandergerollte Spiralen, die einen Wirbel bilden. An der Nasenwurzel befindet sich die Anlage zu der zweiblättrigen Lotusblume, die sich in der Zukunft zu einem höheren Wahrnehmungsorgan entwickeln wird. Diesem ätherischen Organ entspricht ebenfalls das Zeichen des Wirbels. Es ist dem Zeichen des Krebses ähnlich, in dem die Sonne bei Anbruch der atlantischen Rasse stand. Wir haben noch im Kalender diese und die anderen Zeichen der Sternbilder. Ein sehr wichtiges okkultes Schriftzeichen ist der Merkurstab mit der Schlange daran. Es ist die Urform des Konsonanten S. Wer die okkulte Schrift kennt, kann die betreffenden Zeichen als Gedankenform hervorrufen; er hat dann in gewissen Fällen Macht über Andere. Im Johannes-Evangelium 8, 3-11, wird über Christus und die Ehebrecherin berichtet: Christus schrieb mit dem Finger Zeichen der okkulten Schrift auf die Erde, um die richtigen Gedankenformen bei der anklagenden Menge zu erzeugen, und sie zu der im Augenblick richtigen Tat zu veranlassen. «Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten Stein auf sie.» Er übergibt ihre Schuld dem Karma, der ausgleichenden Gerechtigkeit. Christus wollte sagen: jede Tat trägt ihren Lohn in sich. «Gehe hin und sündige hinfort nicht mehr.» Eine Unterweisung im Sehen dieser okkulten Zeichen erhält Moses in seinem Gespräch mit Gott (2. Mose, 3 und 4). Da lernt Moses die okkulte Schrift kennen und wird ausgerüstet mit der Macht, die ihn , befähigt, seine Aufgabe zu erfüllen. Daß er einen Stab werfen mußte, der zur Schlange wurde, bedeutet, daß er die okkulte Schrift lernte.

Stellen wir uns einen Wirbel vor und denken uns seine beiden Teile in Rot und Blau, halten wir diese Vorstellung fest und führen sie zum eigenen oder zu einem fremden Herzen, so schauen wir die beiden ätherischen Strömungen, welche dem roten und dem blauen Blut zugrunde liegen.“ (Lit.:GA 94, S. 286f)

„Das dritte in der Rosenkreuzerschulung ist das Lernen der okkulten Schrift. Was ist diese okkulte Schrift? Es gibt gewisse Bilder, Symbole, die durch einfache Linien hergestellt oder durch Farben aneinander gefügt werden. Solche Symbole stellen eine ganz bestimmte okkulte Zeichensprache dar. Um ein Beispiel zu erwähnen, sei das Folgende gesagt. Es gibt in der höheren Welt einen Vorgang, der sich auch in die physische Welt hinein auswirkt : das Drehen des Wirbels. Sie können das Drehen des Wirbels beobachten, wenn Sie einen Sternnebel, beispielsweise den Orionnebel, ansehen. Da sehen Sie eine Spirale. Nur ist das auf dem physischen Plan. Aber Sie können das auch auf allen Planen betrachten. Es stellt sich so dar, daß sich ein Wirbel in einen anderen hineinschwingt. Das (a) ist eine Figur, die auf dem Astralplan bei allen möglichen Bildungen vorkommt. Wenn Sie diese Figur verstehen, begreifen Sie durch sie auch, wie eine Menschenrasse sich in eine andere verwandelt. Beim Entstehen der ersten Unterrasse unserer gegenwärtigen Hauptrasse stand die Sonne gerade im Zeichen des Krebses. Damals schlang sich also eine Rasse in die andere hinein; deshalb hat man für den Krebs das okkulte Zeichen (b). So sind die Tierkreiszeichen alle okkulte Zeichen. Man muß nur ihre Bedeutung kennenlernen und verstehen.

Zeichnung aus GA 96, S. 148
Zeichnung aus GA 96, S. 148

Ein solches Zeichen ist auch das Pentagramm (c). Der Schüler lernt, mit diesem Zeichen besondere Empfindungen und Gefühle zu verbinden. Sie sind das Gegenbild von astralen Vorgängen. Diese Zeichensprache, die als okkulte Schrift gelernt wird, ist nichts anderes als die Wiedergabe der Gesetze höherer Welten. So ist das Pentagramm ein Zeichen, das Verschiedenes ausdrückt. Wie der Buchstabe B bei den verschiedensten Worten verwendet wird, so können auch die Zeichen der okkulten Schrift mannigfache Bedeutungen haben. Das Pentagramm, das Hexagramm, der Winkel und andere Figuren lassen sich zu einer okkulten Schrift zusammensetzen, und diese ist wieder ein Wegweiser in den höheren Welten. Das Pentagramm ist das Zeichen für den fünfgliedrigen Menschen, ferner das Zeichen der Verschwiegenheit, aber auch das Zeichen, das der Gattungsseele der Rose zugrunde liegt. Wenn Sie die Blütenblätter der Rose im Bilde verbinden, bekommen Sie das Pentagramm heraus. Wie das B in den Worten Band und Beben jeweils etwas anderes besagt, so bedeuten also auch die Zeichen in der okkulten Schrift Unterschiedliches. Man lernt sie in der richtigen Weise anordnen. Das sind die Wegweiser auf den astralen Plan. Geradeso wie sich ein Analphabet zu einem Leser auf dem physischen Plan verhält, verhält sich jemand, der nur die Bilder als solche sieht, zu einem solchen, der die okkulte Schrift gelernt hat. Auf dem physischen Plan sind die Schriftzeichen vielfach willkürlich, ursprünglich waren sie aber Abbilder der astralen Zeichensprache. Nehmen Sie ein uraltes astrales Symbol, den Hermesstab mit der Schlange. Das ist in unserer Schrift zum Zeichen E geworden.

Zeichnung aus GA 96, S. 149
Zeichnung aus GA 96, S. 149

Oder nehmen Sie das Zeichen W, welches die Wellenbewegung des Wassers bezeichnet. Es ist das Seelenzeichen des Menschen, zugleich das Zeichen für das Wort. Das M ist nichts anderes als die nachgebildete Oberlippe.

Zeichnung aus GA 96, S. 149
Zeichnung aus GA 96, S. 149

Im Laufe der Entwickelung ist das alles mehr willkürlich geworden. Auf den okkulten Planen herrscht dagegen Notwendigkeit. Da kann man diese Dinge leben.“ (Lit.:GA 96, S. 147ff)

„Die dritte Stufe wird in der Rosenkreuzerschulung das Lesen der okkulten Schrift genannt. Die kosmischen Kräfte, die in der Welt wirken, offenbaren sich durch bestimmte Strömungen und Zusammenstellungen von Farben und Tönen. Diese okkulte Schrift ist in ihrer Struktur in die Welt hineingeschrieben. Ein Beispiel dafür ist die Spirale, die wir im äußeren Kosmos in der Gestalt von zwei ineinandergeschlungenen Wirbeln im Orionnebel erblicken. Mikrokosmisch geschieht die erste Eingliederung des Menschenkeims in einer entsprechenden Form. Das Bild zweier ineinandergeschlungener Wirbel ist das Tierkreiszeichen des Krebses. In der okkulten Schrift zeigt es den Übergang von einem Entwickelungsstadium in das nächste an. In der Tat lag der Frühlingspunkt der Sonne im Zeichen des Krebses, als im alten Indien nach dem Untergang der Atlantis eine neue Menschheitsepoche eingeleitet wurde.

Ein anderes Zeichen der okkulten Schrift ist das Dreieck, das ebenfalls in den Makrokosmos eingezeichnet ist. Mikrokosmisch ist die Figur des gleichseitigen Dreiecks mit dem eingezeichneten Mittelpunkt das Symbol für das erlangte Gleichgewicht zwischen den drei Seelenkräften. Aus der Harmonisierung von Denken, Fühlen und Wollen erwächst die höhere Liebekraft.“ (Lit.:GA 97, S. 212)

„Die okkulte Schrift ist keine gewöhnliche Schrift, sondern eine solche, die mit den Naturgeheimnissen zusammenhängt. Ich möchte Ihnen gleich klarmachen, was Sie sich unter der okkulten Schrift vorzustellen haben. Ein verbreitetes Zeichen dieser Schrift ist der sogenannte Wirbel. Sie können sich denselben so vorstellen, daß Sie sich zwei Sechser ineinander verschlungen denken. Dieses Zeichen gebraucht man, um gewisse Erscheinungen, die in der ganzen natürlichen und geistigen Welt vorhanden sind, zu kennzeichnen und ihre innere Natur zu charakterisieren. Wenn Sie eine Pflanze nehmen und betrachten, so werden Sie finden, daß sie sich bis zum Samenkorn entwickelt. Wenn Sie dieses Samenkorn in die Erde legen, so entwickelt sich eine ähnliche Pflanze, die der alten gleich ist. Daß da etwas Stoffliches von der alten Pflanze in die neue übergeht, ist ein materielles Vorurteil, das durch nichts gerechtfertigt ist und von der Zukunft widerlegt werden wird. In die neue Pflanze geht lediglich die bildsame Kraft über. Die alte Pflanze erstirbt stofflich ganz und gar, und die neue Pflanze ist stofflich etwas ganz Neues. Nicht das allergeringste Stoffliche geht aus der alten Pflanze in die neue über. Diesen neuen Ansatz einer Entstehung und eines Vergehens einer Pflanze bezeichnet man dadurch, daß man zwei sich ineinander schlingende Spiralen, also einen Wirbel zeichnet, und zwar ohne eine Verbindung der beiden Linien zu bewirken.

Zeichnung aus GA 55, S. 195
Zeichnung aus GA 55, S. 195

Nun finden sich solche Wirbel sowohl in der äußeren als auch in der geistigen Natur. So sagt uns zum Beispiel die Geistesforschung, daß in der Entwicklung der Menschheit einst ein solcher Wirbel vorhanden war, als die alte atlantische Kultur in die neue nachatlantische Kultur überging. Die Geisteswissenschaft zeigt Ihnen hier, etwas, was die heutige Naturwissenschaft nur in der ersten elementarsten Stufe kennt. Sie zeigt Ihnen, daß das, was heute Meer ist zwischen Europa und Amerika, ausgefüllt war mit einem Kontinente, daß sich eine uralte Kultur da entwickelt hatte, daß durch die «Sündflut» jener Kontinent überflutet wurde und verschwand. Dies zeigt uns, daß das, was uns Plato von dem Untergang der Insel Poseidonis mitteilt, auf Richtigkeit beruht, und daß sie ein Rest des uralten, atlantischen Kontinentes war. Jene Kultur verschwand in bezug auf ihre geistige Eigenschaft, und eine neue Kultur trat auf, so daß man diesen Vorgang kennzeichnen kann mit den zwei ineinander sich schlingenden Spiralen, dem Wirbel. Das Alte wird bezeichnet durch die sich hineinschlingende Spirale, das Neue durch die sich herausschlingende.

Als der Übergang von der atlantischen Kultur in die nachatlantische vor sich ging, da erschien im Frühlinge die Sonne im Sternbilde des Krebses. Sie wissen, daß die Sonne im Laufe des Jahres vorwärtsrückt. In jener alten Zeit ging sie, wie gesagt, bei Frühlingsanfang im Sternbilde des Krebses auf, dann eine Zeitlang im Sternbilde der Zwillinge, dann im Sternbilde des Stieres und dann des Widders. Die Völker haben immer dasjenige als etwas besonders Wohltätiges empfunden, was ihnen vom Himmelsgewölbe die ersten Sonnenstrahlen zusendet. Daher sehen Sie, daß man, als die Sonne anfing im Sternbilde des Widders aufzugehen, angefangen hat, den Widder zu verehren. Daher rühren die ganzen Lammsagen, die Sage vom goldenen Vließ und so weiter. Früher, bevor die Sonne im Sternbilde des Widders aufgegangen war, ging sie im Sternbilde des Stieres auf. Daher haben die Kulturen, welche den WidderKulturen vorangegangen sind, den Stier als heiliges Tier verehrt. Sie finden daher in jener Zeit zum Beispiel die Verehrung des ägyptischen Stieres Apis. In der Zeit des Überganges von der atlantischen in die nachatlantische Zeit haben Sie die Herrschaft des Sternbildes des Krebses gehabt. Und daher haben Sie die zwei ineinandergeschlungenen Wirbel als Zeichen des Krebses im Kalender.

Es gibt hunderte, tausende dieser Zeichen, die man nach und nach lernt. Das sind nicht willkürliche Zeichen. Wenn man sie kennt, zeigen sie einem die Wege, um hineinzukriechen in die Dinge und in den Dingen zu leben. Wie das Studium den Verstand, die imaginative Erkenntnis das Gemüt ergreift, so ergreift die Erkenntnis der okkulten Schrift den Willen. Sie zeigt uns die Wege beim Schaffen und Produzieren. Wenn daher das Studium uns Erkenntnis, die Imagination Anschauung bringt, so bringt uns die Erkenntnis der okkulten Schrift Magie, die Erkenntnis der in den Dingen schlummernden Naturgesetze, die Erkenntnis, die uns tiefer in das Wesen der Dinge hineinführt.“ (Lit.:GA 55, S. 194ff)

Abdruck der kosmischen Inspirationen in unserem Gefühlsleben

Einen schwachen Abdruck der kosmischen Inspirationen, die der okkulten Schrift zugrunde liegen, haben wir schon heute in unserem Gefühlsleben. Gefühle sind zurückgeworfene Spiegelbilder der Inspirationen, die uns aus dem Kosmos zuströmen. Was uns hier zurückgespiegelt wird, sind die Eigenschaften und Taten der höheren Hierarchien in ihrem vielfältigen Zusammenwirken[1]. Durch unsere Gefühle sind wir Diener und Mitarbeiter der die Welt bauenden geistigen Wesenheiten. Das ist für die Weltentwicklung von höchster Bedeutung, denn wir liefern ihnen durch unsere Gefühle den Baustoff, mit dem sie einst die übernächste kosmische Inkarnation unserer Erde, die Neue Venus, erbauen können.

„In das Fühlen versenken wir uns erst, wenn wir zur sogenannten Inspiration kommen, die die höhere Art von Erkenntnis ist gegenüber der Imagination. Alles das, was unserem Fühlen zugrunde liegt, ist eigentlich ein Gewoge von Inspirationen. Und so wie das Bild, das der Spiegel zurückwirft, nur ein Bild ist von dem, was draußen in der Welt als Gegenstand vorhanden ist, so sind unsere Gefühle auch nur durch unseren eigenen Organismus zurückgeworfene Spiegelbilder der Inspirationen, die aus dem Weltall an uns herankommen. Aber so wie der Spiegel nicht imstande ist, alles wiederzugeben - er kann nur äußere Formen wiedergeben, spiegelt nur das Unorganische, nicht das Leben —, so können auch unsere Gefühle nicht das wiedergeben, was in dem Element der Welt als Inspiration liegt, sondern sie sind ein Spiegelbild, das sich nur so verhält zu dem, was da strömt in der Welt, wie sich das tote Spiegelbild verhält zu dem lebenden Wesen, das es spiegelt. Denn in jedem dieser Bilder spiegeln sich die Eigenschaften der Wesen der höheren Hierarchien, die sich in der Welt aussprechen durch Inspiration. Und so wie wir nicht bei Gefühlen stehenbleiben, sondern fortschreiten zu dem hellhörenden Erkennen, nehmen wir wahr die Welt, wie sie zusammenwirkt aus einer großen Mannigfaltigkeit von lauter Wesen der höheren Hierarchien. Die Welt ist diese Wesenheit, dieses Zusammenwirken der Wesen der Hierarchien. In der Welt geschehen die Taten der höheren Hierarchien. Und wir sind eingespannt, sind im Spiegel darinnen, und die Taten der höheren Hierarchien werden durch unseren Spiegel zurückgeworfen. Wir nehmen dieses Zurückgeworfene dann durch unser Bewußtsein wahr. So leben wir im Schoße der Eigenschaften der Hierarchien als fühlende Menschen und nehmen die Eigenschaften durch unser Bewußtsein wahr. Noch kleiner ist der Mensch, der die Gefühle mit seinem Bewußtsein begleitet, gegenüber dem, was er durch seine Gefühle eigentlich ist, als das in den anderen Fällen beim bewußten Menschen mit seinen Sinneswahmehmungen und seinem Denken war. Denn dadurch, daß wir fühlende Menschen sind, sind wir auch Wesen der Hierarchien, wirken auch dadrinnen, wo die Hierarchien wirken. Wir wirken in diesem Gewebe, tun Taten, die nicht nur für uns sind, sondern durch die wir mitwirken an dem ganzen Aufbau der Welt. Wir sind durch unsere Gefühle Diener der die Welt bauenden höheren Wesenheiten. Und während wir glauben, daß wir, ich will sagen, der Sixtinischen Madonna gegenüberstehen und nur unser Gefühl befriedigen, das in uns aufsteigt, ist es eine Tatsache, daß hier ein Mensch steht vor der Sixtinischen Madonna, und indem er seine Gefühle auf sie richtet, ist da ein realer Prozeß vorhanden — ein realer Vorgang! Würde dieses Gefühl nicht da sein, würden solche Gefühlselemente nicht da sein, so würden diejenigen Wesenheiten, die einstmals mitwirken sollen an dem Aufbau des Himmelskörpers Venus, nicht die Kräfte haben, die sie dazu brauchen. Unsere Gefühle sind notwendig für das Haus, das die Götter als Welt aufbauen, wie die Ziegelsteine, die verwendet werden zum Aufbauen des Hauses; und was wir wissen über unsere Gefühle, ist wiederum nur ein Teil. Wir wissen, was es uns für eine Freude macht, wenn wir vor der Sixtinischen Madonna stehen -, das aber, was da geschieht, ist Teil im Weltenganzen, ganz einerlei, wie wir es mit unserem Bewußtsein begleiten.“ (Lit.:GA 157, S. 298ff)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.

Einzelnachweise

  1. Erst im Wollen haben wir es mit der Wesenheit der einzelnen Mitglieder der Hierarchien zu tun. Für das Fühlen ist ihr Zusammenwirken entscheidend.