Mikrokosmos

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Der Mensch als Mikrokosmos. Zeichnung aus Robert Fludd, Utriusque cosmi historia, Oppenheim/Frankfurt, 1617–1621.

Der Mikrokosmos (von griech. μικρός, mikrós, „klein“) ist im geisteswissenschaftlichen Sinn der Mensch, der im Kleinen die Welt des Makrokosmos abspiegelt. Das Zeichen des Mikrokosmos ist das Pentagramm.

„Denn, sehen Sie, der Mensch ist tatsächlich wie ein Extrakt des ganzen Kosmos. Im Menschen findet man - irgendwie verändert, irgendwie extrahiert, kompensiert oder dergleichen - das, was im Kosmos als Gesetz vorhanden ist [...]

Man entdeckt, indem man das Wollen, das Denken erlebt, wie ich es Ihnen geschildert habe, daß der Mensch wirklich eine Art Mikrokosmos ist. Ich sage das nicht als Phrase, wie es die nebulosen Mystiker sagen, sondern in dem Bewußtsein, daß es mir so klar geworden ist wie nur irgendeine Lösung einer Differentialgleichung, aus vollständig logischer Klarheit heraus. Man entdeckt, daß der Mensch innerlich eine Zusammenfassung, ein Kompendium der ganzen Welt ist. Und geradeso wie in unserem gewöhnlichen Leben wir ja auch nicht bloß dasjenige wissen, was uns eben in dem Augenblick sinnlich umgibt, wie wir, indem wir absehen von dem, was uns in diesem Augenblick sinnlich umgibt, hinblicken auf das Bild von etwas, was wir erlebt haben vor etwa zehn oder fünfzehn Jahren, wie das vor uns auftaucht als etwas, was nicht mehr vorhanden ist - es ist aber etwas von ihm in uns vorhanden, was uns ermöglicht, das, was dazumal vorhanden war, nachzukonstruieren -, so ist es auch mit dem erweiterten Bewußtsein, das durch Umwandlung des gewöhnlichen Denkens und Wollens entsteht. Indem der Mensch tatsächlich verbunden war mit alle dem, was Vergangenheit ist, nur in einem umfassenderen, in einem ganz anderen, in einem geistigeren Sinne verbunden war mit dem, was Vergangenheit ist, als er verbunden war mit Erlebnissen vor zehn, fünfzehn Jahren, die er wieder heraufholen kann aus seinem Inneren, so ist es möglich, wenn das Bewußtsein erweitert wird, daß wir einfach herausfinden, wie aus einer kosmischen Erinnerung, dasjenige, wo wir ja dabei waren, was einfach nicht in uns für das gewöhnliche Bewußtsein weiterlebt, was aber weiterlebt für dasjenige Bewußtsein, das durch die Metamorphose entstanden ist, die ich geschildert habe.

Es ist also nichts anderes als eine Erweiterung, als eine Erhöhung derjenigen Kraft, die sonst unsere Erinnerungskraft ist, wodurch der Mensch innerlich, einfach aus der eigenen Natur, die eine Zusammenfassung des Makrokosmos ist, konstruktiv auferstehen läßt dasjenige, was tatsächlich in einem bestimmten Zeitraum unserer Erde war. Der Mensch sieht dann hin auf einen Zustand der Erde, wo sie noch nicht materiell war. Und während er sonst aus den gegenwärtigen Erlebnissen der Geologie sich irgend etwas konstruieren muß, was in der Zeit gelegen haben soll, sieht er nun hin auf einen Zeitpunkt, wo die Erde noch nicht da war, wo sie in einer viel geistigeren Gestalt war. Er sieht, indem er das, was in ihm lebt, konstruktiv nachschafft, dasjenige, was tatsächlich der Bildung unserer Erde zugrundeliegt.

Und ebenso ist es mit dem, was in einer gewissen Weise als etwas Konstruktives in uns von einem Zukunftszustand der Erde auftauchen kann.“ (Lit.:GA 73a, S. 374ff)

„Der Mensch tritt jeden Abend beim Einschlafen aus seiner kleinen Welt, aus seinem Mikrokosmos in die große Welt, in den Makrokosmos hinaus und vereinigt sich, indem er seinen astralischen Leib und sein Ich ausgießt in den Makrokosmos, mit diesem Makrokosmos, mit der großen Welt. Aber weil er im heutigen Verlaufe seines Lebens nur fähig ist, in der Welt des Tageslebens zu wirken, so hört sein Bewußtsein auf in dem Momente, wo er den Makrokosmos betritt. Das drückte die Geheimwissenschaft immer dadurch aus, daß sie sagte: Zwischen dem Leben im Mikrokosmos und dem Leben im Makrokosmos liegt der Strom der Vergessenheit. Der Mensch dringt auf dem Strom der Vergessenheit in den Makrokosmos, in die große Welt, indem er mit dem Einschlafen aus dem Mikrokosmos in den Makrokosmos hinüberlebt.“ (Lit.:GA 119, S. 53)

„Wir haben verschiedene Betrachtungen angestellt, die uns darauf aufmerksam machen konnten, wie wir durch die geisteswissenschaftliche Weltanschauung in einer andern Weise alte Erkenntnisschätze für die menschliche Erkenntnis wiedergewinnen, die in vergangenen Tagen gewußt worden sind von den Menschen als dasjenige, was den geistigen Welten angehört. Immer wieder und wieder werden wir durch das eine oder andere auf dieses vorweltliche Wissen von den geistigen Welten stoßen, und immer wieder werden wir daran erinnert, daß dieses Wissen der Vorzeit darauf beruhte, daß der Mensch vermöge seiner früheren Organisation in einem solchen Zusammenhang stehen konnte mit dem ganzen Weltenall und seinem Geschehen, daß, wie wir uns in unserer Sprache ausdrücken, der menschliche Mikrokosmos eintauchte in die Gesetzmäßigkeit, in das Geschehen des Makrokosmos und daß er bei diesem Eintauchen in den Makrokosmos Erlebnisse haben konnte über Dinge, die sein Seelenleben innig angehen, die ihm aber verborgen bleiben müssen, solange er auf dem physischen Plane als Mikrokosmos wandelt und nur mit derjenigen Erkenntnis ausgestattet ist, die den Sinnen und dem an die Sinne gebundenen Verstände gegeben ist.“ (Lit.:GA 158, S. 171)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.