Maltechnik

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Johannisfriedhof in Nürnberg, Aquarell von Albrecht Dürer

Maltechnik ist das Auftragen von Farben mit bestimmten Eigenschaften auf Untergründe bzw. Bildträger. Es geht um die materielle Seite bei der Entstehung eines Kunstwerkes, nicht um dessen Stil oder seine Aussage.

Von der Renaissance bis zum 19. Jahrhundert wurden Fragen der Maltechnik als reines Handwerk abgetan und die schöpferische Seite von Kunstwerken übermäßig glorifiziert. Erst in Bauhaus- und Jugendstil-Zeiten rückte der ästhetische Wert der Materialeigenschaften wieder in den Vordergrund. Manche Künstler verwarfen die breite Palette der Pigmente, die entwickelt worden waren, um feinste Farbnuancen wiedergeben zu können, und wendeten sich wieder einem symbolischen und expressiven Gebrauch der Farbe zu.[1]

Einfluss auf die Maltechnik haben Farbe, Bindemittel und Malgrund. Bei Wand- und Deckengemälden besteht der Malgrund aus dem Verputz. In der Tafelmalerei wird zuerst eine auf den Bildträger abgestimmte Grundierung aufgetragen, die aus einer oder mehreren Schichten besteht und zum Beispiel beim Aufbringen von Ölfarben verhindert, dass Bindemittel in den Bildträger eindringen kann. Der Malgrund dient außerdem als Reflexionsschicht. Erst im Impressionismus wurde direkt auf den Bildträger gemalt.

Deckenfresko im Stift Melk, um 1600.

Aquarell

Beim Aquarell als technisch einfachstem Verfahren werden wasserlösliche Farben dünn auf Papier, Pergament oder andere Materialien aufgetragen. Dazu werden die aus einem Bindemittel (Gummi arabicum) und Farbpigmenten bestehenden lasierenden Farben mit Wasser verdünnt. Im Unterschied zu Gouache und Tempera schimmert der Malgrund durch die Farbschichten hindurch. Farbmischungen entstehen in der Regel durch das Übereinandermalen verschiedener transparenter Farbschichten. Weiß entsteht dort, wo der Papiergrund ausgespart wird.

Tafelmalerei

Das Gemälde von Rembrandt zeigt, wie sich mit Ölfarbe Texturen von Haar, Haut, Textil, Blättern, Früchten, Gold und Perlen wiedergeben lassen.

Für die Tafelmalerei ist neben der Grundierung vor allem das Bindemittel entscheidend. Die in dünnen Schichten aufgetragenen Kaseinfarben oder in Ei-Emulsionen gebundenen Farben der bis zum 15. Jahrhundert dominierenden Temperamalerei erlangten erst durch den abschließend aufgebrachten Firnis Glanz und Leuchtkraft. Dagegen ließ sich die aus der Enkaustik (Mumienporträts) seit dem 4. Jahrhundert bekannte, in Bienenwachs gebundene Farbe in weichen Übergängen gestaltend auftragen. Eine solche illusionistische Malweise wurde in der europäischen Malerei erst seit dem 15. Jahrhundert durch die Verwendung trocknender Öle als Bindemittel möglich.

Über Jahrhunderte als eine Mischtechnik mit komplizierten Unter- und lasierenden Übermalungen entwickelt und vervollkommnet, wurde die Ölmalerei seit etwa dem 17. Jahrhundert zunehmend auch als reine Primamalerei betrieben, bei der die auf der Palette gemischte Ölfarbe unmittelbar auf die Grundierung aufgetragen wird. Diese verhältnismäßig leicht zu handhabende Maltechnik bildete nicht nur die Grundlage für die weite Verbreitung des Tafelbildes, sondern auch den Wandel von der Atelier- zur Freilichtmalerei. Sozialgeschichtlich förderte dieser Wandel die Ablösung feudaler Auftraggeber durch ein kunstsinniges Bürgertum, was zugleich mit der Entstehung eines unabhängigen Kunstmarktes sowie der Entwicklung spezieller Gattungen wie zum Beispiel der Landschafts- und Porträtmalerei auch privater Auftraggeber verbunden war.

Wandmalerei

Weniger die Bindemittel als die Beschaffenheit des Grundes bestimmen die Maltechniken der Wandmalerei. Als Malgrund wurde Kalkmörtel in mehreren, immer feiner werdenden Schichten aufgetragen und anschließend die reine oder mit Bindemitteln versetzte Farbe auf den frischen Putz (daher ital.al fresco) aufgetragen. Auf Grund der chemischen Reaktionen während der Trocknung versinterte die Farbe mit dem Putz, was diese sog. Fresken besonders haltbar machte. Wird hingegen auf trockenen Putz gemalt, wird diese Technik als al secco bezeichnet. Ein drittes Verfahren ist die Malerei (auf Karton) mit Tier- und Pflanzenleim als Bindemittel. Bei dieser Leimfarbenmalerei hellen die Farben nach dem Trocknen auf.

Neue Entwicklungen

Acrylfarbe auf Leinwand.
Experimentelle Bilder mit der Fließfähigkeit von Acrylfarben

In der modernen Malerei erweitern neuentwickelte Bindemittel ständig die Ausdrucksmöglichkeiten. Eine Alternative oder Ergänzung zur Ölfarbe ist die um 1960 für die künstlerische Verwendung in Europa eingeführte Acrylfarbe, die schnell trocknet und dabei ihre Leuchtkraft behält. Sie kann in Impastotechnik mit Pinseln oder Malmessern aufgetragen werden und trocknet auch in starken Schichten ohne Risse. Mit Wasser verdünnt kann die Acrylfarbe lasierend vermalt werden. Die getrocknete Farbe ist leicht glänzend und bildet einen elastischen Film auf dem Malgrund.

Zudem entwickelten sich in der Moderne neue Arten des Farbauftrags. Insbesondere im abstrakten Expressionismus und im Action Painting wurde der Malgrund nicht nur mit Pinseln, Rollen u. ä. bemalt, sondern auch mit Farbe betröpfelt, beworfen, bespritzt etc. Eine andere neue Art des Farbauftrags ist der gesprühte Auftrag von Farbe, insbesondere aus der Farbsprühdose (z. B. bei Graffiti), der Farb-Spritzpistole oder mittels Airbrush.

Darüber hinaus finden heute auch traditionell unübliche Malgründe Verwendung. So wird in manchen Aktionen der Body-Art beispielsweise der menschliche Körper bemalt. Im Streetart- und Graffiti-Bereich können nahezu alle Oberflächen, die die Stadt bietet, zum Malgrund werden.

Zudem werden teilweise in der modernen und zeitgenössischen Malerei Techniken verwandt, bei denen sich Maltechniken mit Collage-Techniken, Drucktechniken, Fotografie etc. überlagern.

Siehe auch

Literatur

  • Max Doerner: Malmaterial und seine Verwendung im Bilde. Hrsg. von Toni Roth. München 1921, Ferdinand Enke Verlag, Stuttgart 1949; neu hrsg. von Thomas Hoppe, Stuttgart 2006, ISBN 3-332-01830-2
  • Ingo Klöckl: Chemie der Farbmittel in der Malerei. de Gruyter, Berlin 2015, ISBN 978-3-11-037453-7
  • Stichwort Maltechnik. In: Meyers Enzyklopädisches Lexikon. Band 15. Bibliographisches Institut, Mannheim/Wien/Zürich 1973, S. 532.

Einzelnachweise

  1. Hugh Honour, John Fleming: Weltgeschichte der Kunst. Aus dem Englischen übersetzt von Dagmar Bosse u. a. 4. Ausg., grundlegend erw. und neugestaltete Ausgabe. Prestel Verlag, München 1992, ISBN 3-7913-1179-4, S. 12.
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