Liniengleichnis

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Übersicht zu Platons Liniengleichnis. Den Erkenntnisarten entsprechen Abschnitte der Strecke AB. Gewissheit und objektive Geltung nehmen zu, je mehr man sich der Erkenntnis der höchsten Ideen (B) nähert.

Das Liniengleichnis (ca. 509d-511e) ist ein Gleichnis Platons aus seinem Werk Politeia („Der Staat“). Es ist das zweite der drei bekanntesten Gleichnisse Platons und beschreibt die Erkenntnisart, die Platon von einem weisen Herrscher erwartet. Am Ende des sechsten Buches der Politeia folgt das Liniengleichnis dem Sonnengleichnis, welche in das Höhlengleichnis am Anfang des siebten Buches münden.

Im Gleichnis ordnet Platon Sichtbares und Denkbares von unsichersten Vermutungen bis zur sichersten Vernunfterkenntnis, von der abhängigen bildlichen Erkenntnis bis zur voraussetzungslosen Idee.

Platon entwickelt in der Politeia seine Vorstellung des guten Staates. Im Gespräch zwischen Sokrates und seinem Dialogpartner Glaukon versucht er klarzumachen, welche Qualitäten ein König des Staates entwickeln muss. Aus seiner Überzeugung, dass Wissen und politische Macht in den selben Menschen vereint sein sollten, folgt die Vorstellung von Philosophenkönigen.

Das Liniengleichnis ist stark abstrakt und lässt Platons ansonsten bildhafte und anschauliche Sprache etwas vermissen.

Inhalt

Sokrates beschreibt Glaukon eine Linie, die - wohl nach den Proportionen des Goldenen Schnitts - in zwei Teile aufgeteilt ist. Die zwei Teile seien das Sichtbare und das Denkbare. Dann unterteilt er die Linie weiter und zwar wird jeder der entstandenen beiden Teile der Linie nochmals im gleichen Verhältnis geteilt. Dadurch entsteht die folgende Unterteilung:

Sichtbares
Denkbares

Dies repräsentiert eine Reihenfolge der Erkenntnis von der einfachsten, bildhaften zur höchsten Erkenntnis im Reich der Ideen. Die voraussetzungslose oberste Erkenntnis des Guten ist im Sonnengleichnis beschrieben und wird an die Spitze des Ideenreiches gestellt. Hierbei ist der falsche Glaube, durch Schatten und Spiegelungen auf die Objekte, denen sie entsprungen sind, schließen zu können, analog dazu, aus der Mathematik auf die Ideenwelt rückschließen zu wollen.

„Merke mir daher auch für die vier Abschnitte des Seins die vier in der menschlichen Seele davon herrührenden Zustände: Vernunfteinsicht für den obersten. Verstandeseinsicht für den zweiten, dem dritten teile Glauben an die Sinne zu, dem vierten bloß einen eitlen Schein vom Wahren, und stelle sie in ein proportionales Verhältnis, in der Überzeugung, daß sie in eben demMaße der wissenschaftlichen Klarheit teilhaftig sind, in dem ihre Objekte an dem wahren Sein teilhaben.“

Literatur

  • Karl-Martin Dietz: Metamorphosen des Geistes. Freies Geistesleben, Stuttgart 2004, Band 1: Prometheus der Vordenker: Vom göttlichen zum menschlichen Wissen. Band 2: Platon und Aristoteles. Das Erwachen des europäischen Denkens. Band 3: Heraklit von Ephesus und die Entwicklung der Individualität. Freies Geistesleben, Stuttgart, 2004, ISBN 3-7725-1300-X.
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