Klaus Staeck

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Klaus Staeck 2018

Klaus Staeck (* 28. Februar 1938 in Pulsnitz) ist ein deutscher Grafikdesigner, Karikaturist und Jurist. Von April 2006 bis Mai 2015 war er Präsident der Akademie der Künste in Berlin.[1]

Leben

Jugend und Ausbildung

Klaus Staeck wuchs, wie sein 1943 geborener Bruder Rolf,[2] in der Industriestadt Bitterfeld auf, wo er auch den Volksaufstand vom 17. Juni 1953 erlebte.[3] In der Schule litt er sehr unter Ungerechtigkeiten und Manipulation durch die kommunistische Ideologie.[4] Unmittelbar nach dem Abitur im Jahre 1956 siedelte er nach Heidelberg um und wiederholte 1957 das Abitur am Bunsen-Gymnasium, da in der Bundesrepublik die DDR-Reifezeugnisse nicht anerkannt wurden.[4] Danach arbeitete er als Bauhilfsarbeiter. Von 1957 bis 1962 studierte Staeck Jura in Heidelberg, Hamburg und Berlin, wo er sein Erstes Staatsexamen ablegte.[5] Den anschließenden juristischen Vorbereitungsdienst (Referendarausbildung) schloss er mit dem Zweiten Staatsexamen ab.

Haupt- und nebenberufliches Wirken

Bereits 1962 organisierte Staeck seine erste politische Demonstration in Heidelberg, Thema war die Spiegel-Affäre.[6] 1965 gründete Staeck den Produzentenverlag „Edition Tangente“ (heute: „Edition Staeck“), die seit Ende der 1960er Jahre auch Auflagenobjekte (Multiples) von international anerkannten Künstlern herausgibt.[7] So von Joseph Beuys, mit dem er seit 1968 zusammenarbeitete, Panamarenko, Dieter Roth, Nam June Paik, Wolf Vostell, Daniel Spoerri, und vielen anderen. 1968 erhielt Staeck seine Zulassung als Rechtsanwalt in Heidelberg und Mannheim.

Im Jahre 1969 organisierte Klaus Staeck eine Kunstaktion des damals noch weitgehend unbekannten Künstlers Christo, der mit weißen Laken das Heidelberger Amerikahaus vollständig verhüllte. Es war die erste künstlerische Verhüllungsaktion von Christo in Deutschland. Für Staeck entwickelte sich diese Kunstaktion zum finanziellen Desaster.[8]

Seit Anfang der 1970er Jahre ist Klaus Staeck als Grafiker im Bereich der Politsatire in der Tradition John Heartfields tätig. In dieser Zeit begann eine enge Zusammenarbeit mit dem Göttinger Verleger Gerhard Steidl. Sein Hauptwerk umfasst bislang rund 300 Plakate, die größtenteils aus Fotomontagen bestehen, die er mit eigenen ironischen Sprüchen versieht. Seine satirischen Plakate und die von ihm kommerziell vertriebenen Postkarten-Ausgaben richteten sich häufig gegen Inhalte der Politik von CDU/CSU. Seine Satire provozierte immer wieder Politiker in konservativen Kreisen. Dadurch kam es des Öfteren zu Eklats und juristischen Streitigkeiten, was ihm allerdings durchaus entgegenkam, da dies seine Bekanntheit nicht unwesentlich förderte.[9]

Zur Bundestagswahl 1972 wurde sein ironisches politisches Plakat Deutsche Arbeiter! Die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen veröffentlicht.[10] Das Plakat erreichte eine Druckauflage von 75.000 Exemplaren und ist das bekannteste seiner Motive.[11] Insbesondere in den 1970er und 1980er Jahren waren seine Grafiken populär, so dass er von den Erlösen des Postkarten-Vertriebs leben konnte. Trotz seiner Mitgliedschaft in der SPD legt er Wert darauf, nie Parteigrafiker gewesen zu sein und keine Auftragsarbeit für die SPD gemacht zu haben.[12]

Signatur Klaus Staeck

1971 verfasste er mit Beuys und Erwin Heerich einen Aufruf gegen die Exklusivität des Kölner Kunstmarktes. Im selben Jahr führte er seine erste Plakat-Aktion zum Dürerjahr in Nürnberg mit seinem Plakat Sozialfall. Für das Plakat verwendete er Albrecht Dürers Kohlezeichnung Bildnis der Mutter aus dem Jahre 1514 und kombinierte es mit der Frage: Würden Sie dieser Frau ein Zimmer vermieten?[13]

Klaus Staeck war Teilnehmer der Documenta 5 in Kassel im Jahr 1972 in der Abteilung Parallele Bildwelten: politische Propaganda. (Er war auch auf der Documenta 6 (1977), der Documenta 7 (1982) und der Documenta 8 im Jahr 1987 als Künstler vertreten.) Bis 2012 konnte Staeck rund 3.000 Einzelausstellungen im In- und Ausland präsentieren.

Am 30. März 1976 zerriss der CDU-Politiker Philipp Jenninger in der Parlamentarischen Gesellschaft in Bonn ein dort in einer Ausstellung aufgehängtes Plakat Staecks mit der Aufschrift Seit Chile wissen wir genauer, was die CDU von Demokratie hält.[14][15] Mit dem Plakat spielte Staeck auf eine Aussage Bruno Hecks an: Nach dem Putsch in Chile durch den General und späteren Diktator Augusto Pinochet im Jahr 1973 hatte Heck die Zustände in einem Sportstadion in Santiago de Chile, das als Konzentrationslager und Folterstätte diente, mit dem Satz beschrieben: Das Leben im Stadion ist bei sonnigem Wetter recht angenehm.[16][17] Die Aktion der Abgeordneten um Jenninger, die Staeck in die Nähe der verbrannten Dichter rückte,[18] wurde in den Medien als Bonner Bildersturm bezeichnet.[19] Die Ausstellung wurde nach einem Beschluss des Vorstandes der Parlamentarischen Gesellschaft noch am selben Abend geschlossen,[20] Jenninger wurde dagegen im Juni 1976 zu einer Schadensersatzzahlung von 10 D-Mark an Staeck plus 35 Mark Gebühren für Staecks Anwalt und 18 Mark Gerichtskosten verurteilt.[21] Auch ein CDU-Politiker, der 1976 Staecks Werke mit den Hetzkarikaturen der Nationalsozialisten verglich, unterlag dem Grafiker vor Gericht.[18] Anfang der 1980er Jahre erhielt Staeck vermehrt Drohbriefe mit vollem Namen und Anschrift und die Zahl der Ausstellungen im Inland ging drastisch zurück.[18]

Klaus Staeck bei einer Rede im Plenarsaal der Akademie der Künste, Berlin 1989

Im Jahr 1971 erhielt Staeck eine Gastdozentur an der Gesamthochschule Kassel sowie 1986 an der Kunstakademie Düsseldorf.

Nach der Wende in der DDR trat Staeck 1990 in die Akademie der Künste zu Berlin ein, die umbenannte Akademie der Künste der DDR unter neuer, demokratischer Leitung durch Heiner Müller. Durch die Vereinigung der beiden Berliner Akademien wurde Staeck 1993 Mitglied der gemeinsamen Akademie der Künste.

Am 29. April 2006 wurde Staeck auf der Mitgliederversammlung der Berliner Akademie der Künste unerwartet zu deren Präsidenten gewählt. Er war Nachfolger des zurückgetretenen Schweizer Schriftstellers Adolf Muschg. Im selben Jahr brachte er sich als Kritiker einer Arno-Breker-Ausstellung in Schwerin ins Gespräch,[22] um in der gleichen Zeit eine Ausstellung für Johannes Heesters in Berlin zu organisieren, welcher der Akademie seinen Nachlass geschenkt hatte.[23]

Am 9. Mai 2009 wurde Staeck auf der Frühjahrsmitgliederversammlung der Akademie wiedergewählt.[24] Im Rahmen der Kandidatur hatte er ein „tatkräftiges Einmischen“ der Künstler „auch in den kommenden gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen“ angekündigt. In diesem Zusammenhang betonte Staeck auch, dass er inzwischen in den Reihen der Union akzeptiert sei, vor allem auch durch den Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU).[25]

2012 erneut wiedergewählt, trat er seine dritte und (satzungsgemäß) letzte Amtszeit bis zum Mai 2015 als Akademiepräsident an. Seit 2015 ist er Ehrenpräsident der Akademie der Künste, Berlin.

Im März 2015 eröffnete in der Berliner Akademie der Künste eine Staeck-Werkschau unter dem Titel Kunst für alle. Gezeigt werden die Plakatkunst des Grafikers sowie Kunstobjekte aus der Edition Staeck. Auch eine Mohammed-Karikatur ist dabei. Im Rahmenprogramm der Ausstellung gibt es eine Diskussion zum Thema Charlie Hebdo unter dem Titel Nicht Einknicken!.[26]

Staeck schreibt seit vielen Jahren regelmäßig vierzehntäglich eine Kolumne in der Berliner Zeitung und Frankfurter Rundschau.

Er ist Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. 1997 gehörte er zu den Gründungsmitgliedern des Willy-Brandt-Kreises.[27]

Am 16. April 2020 sendete das SWR Fernsehen den von Andreas Ammer produzierten Dokumentarfilm Die Kunst findet nicht im Saale statt – Der Plakatkünstler Klaus Staeck über den Künstler, in dem sich zudem der Verleger Gerhard Steidl, der SPD-Politiker Martin Schulz, ehemalige Mitarbeiterinnen der Akademie der Künste Berlin und sein Bruder Rolf Staeck über Staeck äußern.

Siehe auch

Literatur

  • Klaus Staeck: Schöne Aussichten. Eine Retrospektive. Katalog zur Ausstellung vom 29. Mai bis 31. August 2009 in der Berlinischen Galerie, mit Texten von Matthias Flügge, Uwe Loesch, Uli Mayer-Johanssen, Jörn Merkert, Gerhard Steidl, Wolfgang Thierse, Thomas Wagner, Steidl Verlag, ISBN 978-3-86521-979-4 (Buchhandel) und ISBN 978-3-940208-07-1 (Museum)
  • Klaus Staeck (Hrsg.): Rasterfahndung/Sigmar Polke, Steidl, Göttingen 2010, ISBN 978-3-86930-283-6.
  • Robert Eberhardt: Atelierbesuch Klaus Staeck, Wolff Verlag, Berlin 2011, ISBN 978-3-941461-08-6.
  • Stephan von Wiese (Vorw.): Brennpunkt 2. Die Siebziger Jahre, Entwürfe, Joseph Beuys zum 70. Geburtstag, 1970–1991, Kunstmuseum Düsseldorf im Ehrenhof, Düsseldorf 1991
  • Klaus Staeck (Hrsg.): ADAC ade. Mit Beitr. von Reiner Klingholz und Ulrich von Alemann. Steidl, Göttingen 1990, ISBN 978-3-88243-151-3.
  • Klaus Staeck, Text von Dieter Adelmann: Die Kunst findet nicht im Saale statt. Politische Plakate; Rowohlt Verlag 1976, ISBN 3-498-06114-3.
  • Ingeborg Karst-Staeck (Hrsg.): Klaus Staeck. Die Reichen müssen noch reicher werden. Politische Plakate; Rowohlt Verlag 1973, ISBN 3-499-25040-3.
  • Wolfgang Bittner: Ich mische mich ein! Klaus Staeck. In: Ich mische mich ein. Markante deutsche Lebensläufe. Horlemann Verlag, Bad Honnef 2006, ISBN 3-89502-222-5.
  • Klaus Staeck (Hrsg.): Ohne Auftrag. Unterwegs in Sachen Kunst und Politik. Steidl, Göttingen 2000, ISBN 3-88243-739-1.
  • Klaus Staeck (Hrsg.): Plakate. Steidl, Göttingen 2000
  • Alain Weill: Encyclopédie de l'affiche. Éditions Hazan, Paris 2011, ISBN 978-2-7541-0582-8, S. 372–373 m. Abb.
  • Museum Folkwang (Hrsg.): Klaus Staeck. Sand fürs Getriebe. Katalog zur Ausstellung vom 9. Februar bis 8. April 2018 im Museum Folkwang Essen. Edition Folkwang/Steidl, Göttingen 2018, ISBN 978-3-95829-435-6.
  • Klaus Staeck: Schluss mit lustig. Comic-Biographie von Zeichner und Texter Willi Blöß, Willi Blöß Verlag, Aachen, www.kuenstler-biografien.de, 1. Auflage, 2008, 27 S.

Weblinks

Commons: Klaus Staeck - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. Broschüre Klaus Staeck: Ich stelle klar aus dem Dokumentationszentrum Prora zur Sonderausstellung
  2. Rolf Staeck, mailartists.wordpress.com, abgerufen am 24. Mai 2015.
  3. Zeitzeugenbericht von Klaus Staeck zum Volksaufstand 1953 in Bitterfeld auf jugendopposition.de (Bundeszentrale für politische Bildung / Robert-Havemann-Gesellschaft e.V.), gesichtet am 20. März 2017.
  4. 4,0 4,1 Setzen, Sechs! - Schulgeschichten aus Deutschland (2/3). Verpasste Chancen. Dokumentarfilm von Christina Brecht-Benze im Auftrag des SWR. Deutsche Erstausstrahlung am 15. Dezember 2005.
  5. Interview mit Klaus Staeck: Ich musste mich früh für eine Haltung entscheiden
  6. Kolumne zur Spiegel-Affäre: Mit Duden zur Demo, in: Berliner Zeitung vom 7. Mai 2014.
  7. Klaus Staeck: Ohne Auftrag. Unterwegs in Sachen Kunst und Politik. Göttingen 2000, S. 103.
  8. Die Kunst findet nicht im Saale statt – Der Plakatkünstler Klaus Staeck, Dokumentarfilm von Andreas Ammer, 60 Minuten, 2019, produziert von SWR Fernsehen
  9. Klaus Staeck, Plakate, Göttingen 2000, S. 27.
  10. Polit-Kunst: Alles ordentlich, in: Der Spiegel, Ausgabe 44/1972, S. 197.
  11. Klaus Staeck: Ohne Auftrag. Unterwegs in Sachen Kunst und Politik. Göttingen 2000, S. 44.
  12. Ich will runter von der Liste: Spiegel-Interview mit Klaus Staeck, in: Der Spiegel, Ausgabe 4/1975.
  13. Michael Roth: Dürers Mutter. Berlin 2006, S. 177.
  14. Rechtfertigung von Gewalt, in: Der Spiegel, Ausgabe 22/1976, S. 200–201.
  15. Der Spiegel 25/1976, S. 10.
  16. Süddeutsche Zeitung, 18. Oktober 1973.
  17. Gestorben: Bruno Heck, in: Der Spiegel, Ausgabe 39/1989.
  18. 18,0 18,1 18,2 Raimund Hoghe: Innere Uhren, äußere Zeichen – Ein Besuch bei dem Graphiker Klaus Staeck, in: Die Zeit Nr. 40, 1. Oktober 1982.
  19. Die Zeit Nr. 16/1976, 9. April 1976.
  20. Der Spiegel 25/1976, S. 10.
  21. Urteil: Philipp Jenninger, in: Der Spiegel, Ausgabe 27/1976, S. 156.
  22. Aktion für mehr Demokratie
  23. Johannes Heesters: KZ-Besuch ohne Gesang?, in: Spiegel Online vom 22. August 2006.
  24. Akademie: Klaus Staeck wiedergewählt (Memento vom 17. August 2009 im Internet Archive) i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft (bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis) in art – Das Kunstmagazin vom 11. Mai 2009.
  25. Mitteldeutsche Zeitung, 4. Mai 2009.
  26. Klaus Staeck - Politische Werkschau eines zornigen Mannes, Rezension von Oliver Kranz im Deutschlandfunk vom 18. März 2015, abgerufen 24. Mai 2015.
  27. Mitglieder des Willy-Brandt-Kreises. Willy-Brandt-Kreis, abgerufen am 5. Oktober 2018.
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