Joseph-Louis Lagrange

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Gemälde von Joseph-Louis Lagrange

Joseph-Louis de Lagrange (* 25. Januar 1736 in Turin als Giuseppe Lodovico Lagrangia; † 10. April 1813 in Paris) war ein italienischer Mathematiker und Astronom.

Joseph-Louis Lagrange

Lagrange begründete die analytische Mechanik (Lagrange-Formalismus mit der Lagrange-Funktion), die er 1788 in seinem berühmten Lehrbuch Mécanique analytique darstellte. Weitere Arbeitsgebiete waren das Dreikörperproblem der Himmelsmechanik (Lagrange-Punkte), die Variationsrechnung und die Theorie der komplexen Funktionen. Er leistete Beiträge zur Gruppentheorie (bevor diese als eigener Forschungszweig existierte) und zur Theorie der quadratischen Formen in der Zahlentheorie. In der Analysis ist die lagrangesche Darstellung des Restgliedes der Taylor-Formel und in der Theorie der Differentialgleichungen die Lagrange-Multiplikatorenregel bekannt.

Leben

Lagrange wurde als Giuseppe Ludovico Lagrangia geboren. Sein Vater war ein gutsituierter Beamter französischer Abstammung, aber durch Spekulationen erlitt die Familie erhebliche finanzielle Verluste. Lagrange besuchte das Turiner Kolleg, wo er mit siebzehn das erste mathematische Interesse zeigte, nachdem er zufällig auf eine Veröffentlichung Edmund Halleys stieß. Sein Vater wollte, dass er Anwalt werde, aber in der Schule interessierte sich Lagrange schließlich mehr für Mathematik, speziell die Geometrie. Er brachte sich innerhalb eines Jahres das gesamte Wissen eines vollständig ausgebildeten Mathematikers seiner Zeit bei.

Mit 19 Jahren erhielt er einen Lehrstuhl für Mathematik an der Königlichen Artillerieschule in Turin. Hier veröffentlichte er seine ersten wissenschaftlichen Arbeiten über Differentialgleichungen und Variationsrechnung. 1757 gehört er zu den Gründern der Turiner Akademie.

Dem Ruf Friedrichs II. von Preußen folgend ging Lagrange 1766 als Nachfolger von Leonhard Euler als Direktor an die Königlich-Preußische Akademie der Wissenschaften, deren Mitglied er seit 1756 war,[1] nach Berlin. Hier beschäftigte er sich mit Problemen der Astronomie, aber auch mit partiellen Differentialgleichungen sowie Fragen aus Geometrie und Algebra.

Nach dem Tod Friedrichs II. 1786 ging er 1787 als Pensionär der Académie des sciences, deren Mitglied er bereits seit 1772 war, nach Paris. Nach einer Phase der Depression erschien 1788 hier sein bekanntes Werk über theoretische Physik Mécanique analytique; eine weitere Veröffentlichung behandelt das Dreikörperproblem der Himmelsmechanik.

1793 begann im Zuge der französischen Revolution die Terrorherrschaft, und alle Ausländer wurden aus Frankreich verbannt. Lagrange erhielt allerdings eine Ausnahmegenehmigung. Ab 1795 lehrte er für kurze Zeit an der École Normale Supérieure und trat in das neu gegründete Institut de France ein. Ab 1797 lehrte er an der École polytechnique. 1776 wurde er Ehrenmitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg,[2] 1791 Fellow der Royal Society[3] und 1790 Fellow und 1813 Ehrenmitglied der Royal Society of Edinburgh.[4] 1801 wurde er zum auswärtigen Mitglied der Göttinger Akademie der Wissenschaften gewählt.[5] Seit 1808 war er auswärtiges Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.

Unter Napoleon I. wurde er zum Grafen und Senator von Frankreich ernannt. Dadurch lernte er den Vater von Augustin-Louis Cauchy kennen und wurde zu einem Förderer Cauchys.

Lagrange ist im Panthéon aufgebahrt. Er ist namentlich auf dem Eiffelturm verewigt.

Der Mondkrater Lagrange und der Asteroid (1006) Lagrangea sind nach ihm benannt.

Schriften

  • Théorie Des Fonctions Analytiques, Contenant Les Principes Du Calcul Différentiel, Dégagés De Toute Considération D'Infiniment Petits ou d'Évanouissans, De limites Ou de Fluxions, Et Réduits A L'Analyse Algébrique Des Quantités Finies. Paris : Imprimerie de la République, Prairial an V, 1797
  • Lagrange's Mathematische Elementarvorlesungen. Deutsche Separatausgabe von H. Niedermüller, Leipzig: Teubner 1880
  • Mécanique Analytique, Paris: Desaint 1788, 2. Auflage in 2 Bänden, Paris: Courcier, 1811–1815
  • Oeuvres, Gauthier-Villars, Paris 1867–1892, Herausgeber Joseph Serret, Gaston Darboux, Ludovic Lalanne, 14 Bände, SUB Göttingen, Gallica

Literatur

  • O. Stamfort: Lagrange, in Hans Wussing, W. Arnold (Hrsg.): Biographien bedeutender Mathematiker, Berlin 1983
  • Diedrich Herrmann: Joseph Louis Lagrange (1736–1813), Berlin-Treptow, Archenbold Sternwarte 1963 (21 Seiten)
  •  Jean Itard: Lagrange, Joseph Louis. In: Dictionary of Scientific Biography. Band 7: Iamblichus – Karl Landsteiner, Charles Scribner’s Sons, New York 1973, S. 559–573.
  • W. Barroso Filho: La mécanique de Lagrange, Principes et méthodes, Paris 1994
  • M. T. Borgato, L. Pepe: Lagrange: Appunti per una biografia scientifica, Turin 1990
  • Karl-Eugen Kurrer: The History of the Theory of Structures. Searching for Equilibrium, Ernst und Sohn 2018, S. 30ff, 808f und S. 1020 (Biografie), ISBN 978-3-433-03229-9
  • Lagrange. In: R. Flood, R. Wilson: The Great Mathematicians, Arcturus, London 2012, ISBN 978-1-84858-843-1, S. 201–204

Weblinks

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Einzelnachweise

  1. Historische Akademiemitglieder: Joseph-Louis Comte de Lagrange. Berlin-Brandenbrgische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 29. Dezember 2019.
  2. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724: Lagrange, Joseph Louis de, Graf. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 29. Dezember 2019 (русский).
  3. Eintrag zu Lagrange; Joseph Louis (1736 - 1813) im Archiv der Royal Society, London
  4. Fellows Directory. Biographical Index: Former RSE Fellows 1783–2002. (PDF-Datei) Royal Society of Edinburgh, abgerufen am 29. Dezember 2019.
  5. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001 (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse. Folge 3, Bd. 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse. Folge 3, Bd. 50). Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 143.
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