Irdisches Bewusstsein

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Das irdische Bewusstsein, über das der heute auf Erden verkörperte Mensch verfügt, nach indisch-theosophischer Lehre auch Kama-Manas genannt, ist eng mit der Tätigkeit der Organe seines physisch-ätherischen Leibes verbunden. Es beginnt sich bereits auszubilden, wenn der Fötus im Mutterleib heranreift, und kann sich nach der Geburt während des Erdenlebens immer weiter verfeinern, sofern es nicht in höherem Alter durch einen allmählichen Verfall der körperlichen Organe, namentlich der Sinnesorgane und des Gehirns, beeinträchtigt wird. Das irdische Bewusstsein erlischt, wenn der Mensch mit dem Tod seinen physischen und ätherischen Leib ablegt und nach und nach in ein immer umfassenderes kosmisches Bewusstsein eintaucht.

Das irdische Bewusstsein umfasst im Wesentlichen drei Stufen, die im Tageslauf rhythmisch einander abwechseln. Am stäksten ausgeprägt ist heute das helle Tagesbewusstsein, durch das der Mensch wachend die sinnliche Welt erfassen und sich klare Gedanken bilden kann. Damit erwacht zugleich auch das Selbstbewusstsein, das in früheren Zeiten nur schwach ausgebildet war. Wenn im Schlaf das Wachbewusstsein erlischt und das Selbstbewusstsein verblasst, treten das Traumbewusstsein und das traumlose Schlafbewusstsein in den Vordergrund, die aber auch während des tagwachen Zustands stets vorhanden sind. Genau besehen träumen wir in unserem Fühlen auch tagsüber und im Wollen schlafen wir beständig und was wir von diesen beiden im Wachbewusstsein mitterleben, sind nur ihre blassen, von Vorstellungen durchsetzten und verfälschten Schatten.

Das heutige irdische Bewusstsein hat sich erst allmählich im Lauf der Menschheitsentwicklung durch viele einander folgende irdische Inkarnationen ausgebildet. Als der Mensch in der lemurischen Zeit erstmals die Erde betrat, lebte er mit seinem hellsichtigen Bewusstsein noch ganz in der geistigen Welt. Erst in der späten atlantischen Zeit trat das auf die sinnliche Außenwelt gerichtete Wachbewusstsein allmählich hervor. Erst mit dem Anbruch des Kali Yuga, des finsteren Zeitalters, gegen Ende der urpersischen Zeit verlor der größte Teil der Menschheit das alte traumbewusste Hellsehen. Heute, nachdem das Kali Yuga mit Ende des 19. Jahrhunderts abgelaufen ist, kann der Mensch durch bewusste geistige Schulung wieder den unmittelbaren Zugang zur geistigen Welt finden. Das Wachbewusstsein und das Ich-Bewusstsein bleibt bei dieser neuen Art der Erkenntnis der höheren Welten, die Rudolf Steiner in zahlreichen Schriften und Vorträgen beschrieben hat, voll erhalten.

„Denn das ist das Geheimnis des irdischen körperlichen Daseins: Indem wir von unserer Geburt an durch das kindliche Lebensalter, wo wir noch mehr oder weniger triebhaft-unbewußt oder halbbewußt sind, hindurch immer mehr und mehr in unseren Körper hineinwachsen, treten wir - und das ist gerade das, was sich vor das Seelenauge eines Menschen so klar hinstellt - im physischen Leben durchaus durch unsere physischen Organe an die Welt heran. Wir verlieren uns seelisch und geistig, indem wir schaffend tätig sind, allerdings an unseren Körper. Aber dieses Seelisch-Geistige löscht sich für unser Bewußtsein aus. Aller Weltinhalt wird uns durch das Körperliche vermittelt. Daher hat für das irdische Bewußtsein der Materialismus recht, denn im Irdischen müssen wir uns des Körpers bedienen, wenn wir beim irdischen Bewußtsein, das uns auch nur dieses Körperliche gibt, bleiben. Für das irdische Bewußtsein müssen wir bei der Wahrnehmung des Körperlichen bleiben, wenn wir uns nicht zu der vom Körperlichen unabhängigen Bewußtheit erheben wollen.

So müssen wir sagen: um zum Ergreifen der geistigen Welt und seines eigenen übersinnlichen Wesens zu kommen, muß der Mensch etwas in sich entwickeln, woran ihn der Körper hindert, es zu ergreifen. Der Körper reißt uns heraus aus der geistigen Welt, er entfremdet uns der geistigen Welt und führt uns immer mehr auf das eigene Selbst und auf die Egoität zurück, und wir müssen es in der geistigen Erkenntnis so machen wie in der Liebe, wo wir aus uns heraus müssen. Da stellt sich insbesondere dann, wenn der Mensch zu einer vom Körperlichen unabhängigen Bewußtheit kommt, die tiefbedeutsame Wahrheit heraus, daß der Mensch wiederholte Erdenleben durchmacht. Was in unserer Seele durch die wiederholten Erdenleben auftritt, das beachten wir deshalb nicht, weil wir in unserem Körper drinnen stecken.“ (Lit.:GA 231, S. 41f)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.