Herta Däubler-Gmelin

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Däubler-Gmelin 1988
Herta Däubler-Gmelin (2008)

Herta Däubler-Gmelin [-'ɡmeːliːn] (* 12. August 1943 in Preßburg, Slowakische Republik, als Hertha Gmelin) ist eine deutsche Juristin und Politikerin (SPD). Sie war von 1998 bis 2002 Bundesministerin der Justiz und gehörte von 1972 bis 2009 dem Deutschen Bundestag an.

Leben und Beruf

Herta Däubler-Gmelin ist die Tochter des früheren Diplomaten, SA- und NSDAP-Mitglieds und Tübinger Oberbürgermeisters Hans Gmelin. Seit 1969 ist sie mit dem Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler verheiratet. Sie haben zwei Kinder.

Nach dem Abitur in Tübingen absolvierte Herta Däubler-Gmelin ein Studium der Geschichte, Rechtswissenschaft und Politikwissenschaften in Tübingen und Berlin. Nach den juristischen Staatsexamina (1969 und 1974) und einer arbeitsrechtlichen Promotion (1975) zum Thema Bildungsurlaub für Arbeitnehmer: ein Weg zur Verwirklichung des Grundrechts auf Bildung? an der Universität Bremen, wo ihr Mann bereits seit 1971 als Hochschullehrer für Arbeitsrecht fungierte, war sie als Rechtsanwältin, zuerst in Stuttgart, danach in Berlin, tätig. 1995 wurde sie zur Honorar-Professorin ernannt und hat einen Lehrauftrag am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin. Seit Oktober 2011 ist sie Gastprofessorin am Lehrstuhl für Systematische Theologie der RWTH Aachen.

Partei

Däubler-Gmelin ist seit 1965 Mitglied der SPD, bei der sie von 1988 bis 1997 stellvertretende Bundesvorsitzende war. Sie ist außerdem Schirmherrin des Virtuellen Ortsvereins (VOV).

Abgeordnete

Von 1972 bis 2009 war sie Mitglied des Deutschen Bundestages, wo sie von 1980 bis 1983 Vorsitzende des Rechtsausschusses und von 1983 bis 1993 stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion war. Von 1994 bis 1998 war sie Sprecherin der Arbeitsgruppe Rechtspolitik und Justiziarin der SPD-Fraktion.

Von 2002 bis 2005 war sie Vorsitzende des Ausschusses für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft und von 2005 bis 2009 Vorsitzende des Ausschusses für Menschenrechte und humanitäre Hilfe.

Von 2008 bis 2009 war sie Vorsitzende des Rechtsausschusses der Parlamentarischen Versammlung im Europarat.

Herta Däubler-Gmelin ist 1998 als direkt gewählte Abgeordnete des Wahlkreises Tübingen und sonst stets über die Landesliste Baden-Württemberg in den Bundestag eingezogen.

Däubler-Gmelin gab bekannt, 2009 nicht mehr für den Bundestag kandidieren zu wollen, sodass sie mit Ablauf der 16. Wahlperiode des Deutschen Bundestages am 27. Oktober 2009 aus dem Parlament ausschied.

Öffentliche Ämter

Ihre Kandidatur für das Amt der Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts, die auf heftigen Widerstand vor allem der CDU/CSU gestoßen war, zog sie Ende 1993 nach parteipolitischen Auseinandersetzungen zurück.

Am 27. Oktober 1998 wurde sie als Bundesministerin der Justiz in die vom damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder geführte Bundesregierung berufen. Während ihrer Amtszeit setzte sie sich für eine grundlegende Novellierung des Bürgerlichen Gesetzbuches im Schuldrecht ein, die schließlich am 1. Januar 2002 in Kraft trat. Bei der Neufassung des Schuldrechts handelt es sich um eine der umfassendsten Reformen des BGB seit dessen Inkrafttreten am 1. Januar 1900. Das Lebenspartnerschaftsgesetz trat 2001 unter Fürsprache von Däubler-Gmelin in Kraft.

Dass Däubler-Gmelin gern zugespitzt formulierte, trug ihr den Spitznamen „Schwertgosch“ ein.[1] Infolge einer Wahlkampfäußerung – sie sagte, der amerikanische Präsident Bush wolle mit seiner Außenpolitik von innenpolitischen Problemen ablenken, das kenne man „seit Adolf Nazi“[2] – wurde Däubler-Gmelin nach der Bundestagswahl 2002 und eigener vorangegangener Ankündigung, sich nach der Wahl nicht mehr um ein Ministeramt zu bewerben, bei der Regierungsbildung nicht mehr berücksichtigt. Sie schied am 22. Oktober 2002 aus der Bundesregierung aus.

Akademische Lehrtätigkeit

Als Honorarprofessorin hat Däubler-Gmelin einen Lehrauftrag am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin. Sie leitet dort vor allem Veranstaltungen in ihren Interessengebieten Internationale Beziehungen und Menschenrechte. In den vergangenen Semestern hielt sie Hauptseminare zu den Themen Transitional Justice, Responsibility to Protect und Südafrika.[3] Im Wintersemester 2011/2012 hatte Herta Däubler-Gmelin die Hemmerle-Professur des Instituts für katholische Theologie an der RWTH Aachen inne.[4]

Engagements

1989 gründete sie zusammen mit Peter Becker die deutsche Sektion der International Association of Lawyers against Nuclear Arms (IALANA).

Im SWR-Tatort Bienzle und der heimliche Zeuge aus dem Jahr 2001 hat Herta Däubler-Gmelin einen Gastauftritt, bei dem sie sich selbst als Justizministerin spielt. Eine Gastrolle als Chorleiterin spielte sie bereits 1992 in Ein Mann für jede Tonart.

Däubler-Gmelin ist Schirmherrin des Deutschen Hospiz- und Palliativverbands.

Gemeinsam mit dem Leipziger Staats- und Verwaltungsrechtler Christoph Degenhart kündigte sie in einer Pressekonferenz der Organisation Mehr Demokratie – dessen Kuratoriumsmitglied sie ist[5] – Mitte April 2012 die Vertretung einer Bündnisklage vor dem Verfassungsgericht für den Fall an, dass es kein Referendum über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) und den Europäischen Fiskalpakt für eine straffere Haushaltsdisziplin in 25 der 27 EU-Staaten geben sollte.[6] Am 29. Juni wurde von dem Bündnis „Europa braucht mehr Demokratie“ ihre gemeinsam mit Degenhart erstellte Klageschrift eingereicht.[7]

Zusätzlich engagiert sie sich für die deutsche und europäische Juristenausbildung und Völkerverständigung im Beirat von ELSA-Deutschland e. V.

Seit 24. Oktober 2014 ist sie Ehrenpräsidentin des Bundesverbandes ehrenamtlicher Richterinnen und Richter e. V.[8]

Sie ist Kuratoriumsmitglied der Carlo-Schmid-Stiftung und Mitglied von Zonta International.[9]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Herta Däubler-Gmelin - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema

Einzelnachweise

  1. http://www.schwaebische.de/home_artikel,-_arid,885179.html (Memento vom 11. August 2014 im Internet Archive)
  2. Ministerin spricht von Verleumdung. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 20. September 2002.
  3. Neue Kampfeslust der Herta Däubler-Gmelin. (Memento vom 18. Februar 2016 im Internet Archive) In: WAZ vom 10. Juli 2012.
  4. Däubler-Gmelin übernimmt Hemmerle-Professur in Aachen. In: katholische-theologie.info. Archiviert vom Original am 31. März 2019; abgerufen am 13. August 2022.
  5. https://www.mehr-demokratie.de/kuratorium.html (Memento vom 28. Februar 2016 im Internet Archive)Mehr Demokratie : Kuratorium
  6. Däubler-Gmelin kündigt Verfassungsklage an. In: FAZ. 12. April 2012.
  7. Verfassungsbeschwerde
  8. http://www.schoeffen.de/assets/Download/pdf_Bundesverband/2014_Pressemitteilung_1.pdf
  9. 100 Jahre Einsatz für starke Frauen: Der Zonta-Club. Abgerufen am 26. Dezember 2021.