Hans Christian Andersen

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Hans Christian Andersen, aufgenommen im Alter von 62 Jahren
Andersens Signatur
Andersens Signatur

Hans Christian Andersen Audio-Datei / Hörbeispiel anhören?/i (* 2. April 1805 in Odense; † 4. August 1875 in Kopenhagen), der sich als Künstler zeitlebens nur H. C. Andersen nannte, ist der bekannteste Dichter und Schriftsteller Dänemarks. Berühmt wurde er durch seine zahlreichen Märchen.

Leben

Jugend und Ausbildung

Das wahrscheinliche Geburtshaus Andersens in Odense

Hans Christian Andersen wurde als Sohn des verarmten Schuhmachers Hans Andersen (1782–1816) und der alkoholkranken Wäscherin Anne Marie Andersdatter (ca. 1775–1833) in Odense auf Fünen geboren.[1]

Nach dem Tod seines Vaters ging er mit 14 Jahren nach Kopenhagen und bemühte sich, dort als Schauspieler zum Theater zu kommen. Als ihm das jedoch nicht gelang, versuchte er sich ebenso vergeblich als Sänger und verfasste schon erste kleine Gedichte. Schließlich nahm ihn Konferenzrat Jonas Collin, der damalige Direktor des Kopenhagener Königlichen Theaters, in seine Obhut und in sein Haus auf. Dort fühlte er sich besonders zu dem Sohn seiner Gasteltern, Edvard Collin, hingezogen, den diese Zuneigung jedoch eher befremdete und der diese nicht erwiderte. Eine enge Freundschaft verband ihn mit der jüngsten Tochter Louise Collin.

Von der Theaterdirektion unterstützt und durch König Friedrich VI. gefördert, konnte er von 1822 bis 1826 bei Rektor Simon Meisling eine Lateinschule in der kleinen Provinzstadt Slagelse besuchen, von 1826 bis 1828 eine weitere Lateinschule in Helsingør und anschließend die Universität Kopenhagen.

Erste Werke und Reisen

Hans Christian Andersen, 1836 von C. A. Jensen

Am Ende seiner Schulzeit entstand das Gedicht Das sterbende Kind, in dem der Autor die Welt aus der Sicht eines kleinen Kindes beschrieb. Diese Perspektivwahl wurde später typisch für sein literarisches Schaffen. Das Gedicht wurde in mehreren Sprachen veröffentlicht. In dieser Zeit schrieb Andersen im Alter von ca. 18 Jahren auch sein erstes, unveröffentlichtes Märchen vom Talglicht, dessen Manuskript erst 2012 gefunden wurde. In diesem Werk geht es bereits, wie in späteren Werken, um Reichtum und Schönheit, allerdings in noch unausgereifter Sprache.

Andersen verliebte sich in Riborg Voigt, die Schwester seines Studienfreundes Christian Voigt. Allerdings war sie bereits einem anderen Mann versprochen. Ihren Abschiedsbrief bewahrte er zeitlebens in einem Ledersäckchen auf, das man erst nach seinem Tod fand.

Nach der Heirat Riborgs unternahm Andersen mehrere Reisen nach Deutschland, England, Italien, Spanien, Portugal und in das Osmanische Reich. Unter dem Einfluss der italienischen Landschaft entstanden die ersten Vorformen der Kleinen Meerjungfrau. Die Beschreibung der Welt in dem gleichnamigen Märchen zeigt deutlich italienische Einflüsse. Auf seinen insgesamt 30 großen Reisen kam er 32-mal nach Dresden und 15-mal nach Maxen bei Dresden, wo er seine Freunde besuchte, die Mäzene Friederike und Friedrich Anton Serre. Dort schrieb er auch: „Des Herzens Sonnenschein in Sachsen, er strahlt am schönsten doch in Maxen.“

Spätere Jahre

Hans Christian Andersen in seinem Wohnzimmer auf einem 1874 aufgenommenen Foto von Clemens Weller
Hans Christian Andersens Grab auf dem Assistenzfriedhof in Kopenhagen

In seinen späten Jahren war er mit vielen bekannten Frauen befreundet: Henriette Wulff († 13. September 1858 beim Brand der Austria), Tochter des Kommandeurs P. F. Wulff, ferner Sophie Ørsted, Tochter des Entdeckers des Elektromagnetismus Hans Christian Ørsted, und Jenny Lind, auch „die schwedische Nachtigall“ genannt, die er sehr verehrte. Andersen blieb jedoch lebenslang unverheiratet. Mit Edvard Collin verband ihn jedoch auch nach dessen Heirat im gegenseitigen Einvernehmen eine Freundschaft auf Distanz. Im Hans-Christian-Andersen-Center befindet sich sein umfangreicher Briefwechsel, darunter der Brief der Malerin Clara Heinke (älteste Tochter des Juristen Ferdinand Heinke), in dem sie ihm im August 1872 den Tod Friederike Serres mitteilt.

In der Wissenschaft wird kontrovers diskutiert, ob Andersen homosexuell gewesen sei. Diese Diskussion begann schon im 19. Jahrhundert und wurde 1901 mit dem Artikel Hans Christian Andersen: Beweis seiner Homosexualität von Carl Albert Hansen Fahlberg (Albert Hansen)[2] in Magnus Hirschfelds Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen erstmals vertieft. Jüngere Untersuchungen haben versucht, in Andersens Märchen und Romanen insbesondere das Thema der homoerotischen Maskierung herauszuarbeiten.[3]

Im Mai 1874 empfing der Dichter den Fotografen Clemens Weller der Firma Hansen, Schou & Weller, um Aufnahmen von sich in seinen Privaträumen anfertigen zu lassen. Im September des Jahres fertigte Georg Emil Hansen die letzten Aufnahmen.[4] Andersen starb siebzigjährig als international anerkannter und verehrter Dichter am 4. August 1875 in Kopenhagen und wurde dort auf dem Kopenhagener Assistenzfriedhof beigesetzt.

Werke

Arthur Szyk: Frontispiz zu einer amerikanischen Ausgabe von Andersens Märchen. New York 1945. Zu erkennen sind unter anderem Die Schneekönigin, Der standhafte Zinnsoldat und Des Kaisers Nachtigall

Berühmt wurde Hans Christian Andersen, der seinen Namen als Verfasser stets H. C. Andersen abzukürzen pflegte, durch seine zahlreichen Märchen, dänisch: Eventyr, 156 insgesamt. Die folgende Aufzählung orientiert sich an der Reihenfolge in den zwei Bänden Gesammelte Märchen.[5]

Andersen bearbeitete Volksmärchen, bis sie seinen literarischen Ansprüchen genügten. Angelehnt an dänische, deutsche, griechische und mittelalterliche Sagen und historische Begebenheiten, dem Volksglauben verbunden und inspiriert von literarischen Strömungen seiner Zeit, aber auch von Naturphänomenen, schuf Andersen so die bedeutsamsten Kunstmärchen des Biedermeier. Andersens Märchen, die teilweise anderen bedeutenden dänischen Künstlern, wie dem Dichter Ambrosius Stub oder dem Bildhauer Bertel Thorvaldsen die Reverenz erweisen, sind nicht nur zeitlos; sie gehören längst zur Weltliteratur.

Allerdings sind etliche dieser 156 Märchen, so wie auch die autobiografischen Texte, Novellen, Dramen, Gedichte und Reiseberichte, die von seinem Schaffensreichtum zeugen, eher unbekannt. Auch als Romancier ist Andersen kaum bekannt: 1835 erschien als sein erster Roman Der Improvisator, den er während eines Italien-Stipendiums schrieb, und neben weiteren Romanen 1848 Die beiden Baroninnen, eine Waisenkind-Geschichte.

Einzelwerke

  • H. C. Andersen's Gesammelte Werke, 38 Bde., Leipzig 1847. (Digitalisate in der Digitalen Bibliothek Mecklenburg-Vorpommern)
  • Andersens Märchen, Illustrationen von Ruth Koser-Michae͏̈ls, Knaur, München 2003 ISBN 3-426-66111-X
  • Andersens Märchen, Vollständig überarbeitete und illustrierte Ausgabe speziell für digitale Lesegeräte. 50 Märchen, illustriert mit 124 Zeichnungen. Null Papier Verlag, Neuss, 1. Auflage 2011, ISBN 978-3-943466-11-9 (Kindle), ISBN 978-3-943466-65-2 (Epub), ISBN 978-3-943466-74-4 (PDF)
  • mit Gerda Raidt (Illustrationen): Der Tannenbaum. Nach der Übersetzung von Thyra Dohrenberg, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-7941-5162-2
  • Die Schneekönigin, arsEdition, 2008. ISBN 978-3-7607-2786-8
  • Sämtliche Märchen und Geschichten als Hörbuch, Buchfunk Verlag, 2019, ISBN 978-3-86847-584-5
  • Des Kaisers neue Kleider, illustriert von Vitali Konstantinov, Verlagshaus Jacoby & Stuart, 2013. ISBN 978-3-942787-07-9
  • Bilderbuch ohne Bilder. Gedichte in Prosa. Aus dem Dänischen von Heinrich Detering. Philipp Reclam jun., Stuttgart 2009, ISBN 978-3-15-010714-0
  • Eines Dichters Basar. Hrsg. u. mit e. Nachw. vers. von Gisela Perlet. Müller u. Kiepenheuer, Hanau, Main 1984, ISBN 3-7833-8301-3
  • Tagebücher 1825–1875. Hrsg. und übers. von Gisela Perlet. Insel Taschenbuch 2886, Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 2003, ISBN 3-458-34586-8
  • Umrisse einer Reise – von Kopenhagen nach dem Harze, der Sächsischen Schweiz und über Berlin zurück (Volltext). Erscheinungsjahr 1839, Neuauflage 2005, Edition Godewind, ISBN 978-3-938347-40-9
  • Schräge Märchen, ausgesucht und aus dem Dänischen übertragen von Heinrich Detering, mit einem Essay von Michael Maar, Frankfurt am Main: Eichborn 1997, Reihe Die Andere Bibliothek, ISBN 978-3-8218-4457-2, weitere Ausgabe, München: Deutscher Taschenbuch-Verlag 2002, ISBN 978-3-423-20584-9.
  • Es ist wirklich ganz gewiss. Aus dem Dänischen übersetzt von Arne Kayser, Illustrationen Ina Von Jeinsen. Steidl Verlag, Göttingen 2018, ISBN 978-3-95829-579-7.
  • Reise im Ballon. Gedichte. L.S.D. (Steidl Verlag), Göttingen 2019, ISBN 978-3-95829-523-0.

Siehe auch

Literatur

  • André Roes: Kierkegaard en Andersen. Uitgeverij Aspect, Soesterberg 2017, ISBN 978-94-6338-215-1.
  • Jens Andersen: Hans Christian Andersen. Eine Biographie. Insel-Verlag, Frankfurt 2005, ISBN 3-458-17251-3.
  • Lothar Bolze: Hans Christian Andersen in Dresden und Maxen. Niggemann und Simon, Müglitztal 2005, ISBN 3-9808477-7-2.
  • Heinrich Detering: Das offene Geheimnis. Zur literarischen Produktivität eines Tabus von Winckelmann bis zu Thomas Mann, Göttingen [1995], ISBN 3-89244-070-0, S. 175–232.
  • Johan de Mylius: Der deutsche Andersen: Zur Begründung des biographischen Andersen-Bildes in Deutschland. In: Heinrich Detering, Anne-Bitt Gerecke, Johan de Mylius: Dänisch-deutsche Doppelgänger: transnationale und bikulturelle Literatur zwischen Barock und Moderne. Göttingen: Wallstein 2001 (Grenzgänge. Studien zur skandinavisch-deutschen Literaturgeschichte 3) ISBN 978-3-89244-356-8, S. 157–173.
  • Heinrich Detering: Andersen und andere. Kleine dänisch-deutsche Kulturgeschichte Kiels. Heide 2005, ISBN 3-8042-1159-3.
  • Heinrich Detering, Günter Grass (Hrsg.): Hans Christian Andersen. Die fünffache Seereise. Mit Hans Christian Andersen durch Schleswig und Holstein. Wachholtz, Neumünster, Hamburg 2014, ISBN 978-3-529-02376-7.
  • Uwe Ebel: Hans Christian Andersen. Politologie und Poetologie seines Werks. (Wissenschaftliche Reihe, 5). Metelen: dev 1994, ISBN 3-927397-64-4.
  • Frederike Felcht: Heimkehr wohin? Hans Christian Andersens Orientreise, in: Helge Baumann, Michael Weise et al. (Hg.): Habt euch müde schon geflogen? Reise und Heimkehr als kulturanthropologische Phänomene. Marburg 2010, ISBN 3-8288-2184-7, S. 115–135.
  • Ulrich Sonnenberg: Hans Christian Andersens Kopenhagen, Frankfurt: Schöffling, 1996, ISBN 3-89561-549-8.
  • Kai H. Thiele: Empfindsame Reise: Die Fahrt des Dichters Hans Christian Andersen zur königlichen Sommerresidenz in Wyk auf Föhr im Sommer 1844, Verlag Husum, 2011, ISBN 978-3-89876-541-1.
  • Paul Binding: Hans Christian Andersen : European Witness, New Haven [u. a.] : Yale Univ. Press, 2014, ISBN 978-0-300-16923-2.

Weblinks

Commons: Hans Christian Andersen - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wikisource: Hans Christian Andersen – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Hans Christian Andersen – Books and Biography
  2. Hans Christian Andersen: Beweis seiner Homosexualität (PDF; 43 kB), abgerufen am 3. Juni 2012
  3. Heinrich Detering: Das offene Geheimnis. Zur literarischen Produktivität eines Tabus von Winckelmann bis zu Thomas Mann, Göttingen [1995], S. 175–232.
  4. Ane Grum-Schwensen, Kuratorin des H. C. Andersen Hus: Reconstructing the Study (englisch)
  5. Hans Christian Andersen: Gesammelte Märchen Band 1 und Band 2; Manesse Verlag, Conzett & Huber – auf Grund älterer Übersetzungen herausgegeben u. z. T. neu übersetzt von Fl. Storrer-Madelung mit einem Nachwort von Martin Bodmer; Zürich o. A.


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