Grab

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Das Grab ist ein Ort, wo der Leichnam verstorbener Menschen, seltener auch von Tieren, begraben, d.h. der Erde übergeben wird. Schon seit frühen Zeiten der menschlichen Kultur waren die Gräber Zentren des Totenkults, an denen man die Verbindung mit den Toten suchte. Waren es anfangs einfache Erdgräber, so entwickelte sich namentlich seit der ägyptisch-chaldäischen Zeit eine immer aufwendigere Grabarchitektur bis hin zu den großen Pyramiden, die zugleich Einweihungsstätten waren. Heute muss allerdings eine viel geistigere Beziehung zu den Toten auch unabhängig von den Grabstätten und Grabmälern gefunden werden. In einem Brief an Pauline Gräfin von Kalckreuth schreibt Rudolf Steiner:

„Uns handelt es sich um das Geistige, und auch in bezug auf das Physische obliegt es uns, geistig zu denken. Die irdischen Überreste eines Menschen bilden mit der ganzen Erde ein Ganzes, und es ist uns bei einem teuren Zugehörigen mit Bezug auf diesen Ort jede Stelle auf der Erde im Grunde genommen gleich nahe.“ (Lit.: Beiträge 023, S. 19)

Die kulturelle Bedeutung der Grabarchitektur

„... der physische Leib ist der Vermittler zu dem, was dem eigentlichen Menschen, der aus geistigen Welten herunterkommt, von der Erde ganz fremd ist. Mit dem physischen Leib kann man auf der Erde stehen. Mit dem physischen Leib kann man unter irdischen Mineralien, Pflanzen und Tieren sein. Aber wenn der physische Leib abgelegt ist, dann ist die Seele wie nackt da, ist so da, wie sie nur in der geistigen Welt sein kann. Dann müßte die Seele, weil sie den physischen Leib abgelegt hat, sich sagen: Wie komme ich durch das Unreine der Tiere hindurch, um hinauszukommen aus der irdischen Region? Wie kann ich durch dasjenige, was in den Pflanzen das Licht verarbeitet, das Licht anzieht, das Licht verdichtet, wie kann ich aus diesem Pflanzlichen heraus, da ich doch zu den Weiten des Lichtes muß und ich gewöhnt worden bin, auf der Erde in dem verdichteten Lichte durch die Pflanzen zu leben? Wie komme ich über die Mineralien hinaus, die mich überall als Seele stoßen, wenn ich sie nicht durch meine leiblichen Säfte auflösen kann?

Das waren religiös-kulturelle Sorgen in alten Zeiten der Menschheitsentwickelung. Da haben die Menschen nachgesonnen, was sie für die Seelen, insbesondere für diejenigen Seelen, die ihnen wert waren, zu tun haben, damit diese die Linien, die Flächen, die Formen finden, durch die sie in die geistige Welt kommen können. Die Grabgewölbe, die Grabdenkmäler, die Grabbaukünste wurden entwickelt, die im Wesentlichen zunächst in ihren Formen darstellen sollten, was für die Seele da sein muß damit sie, wenn sie des physischen Leibes entblößt ist, nicht sich an Tieren, Pflanzen, Mineralien stößt, sondern längs der architektonischen Linien den Weg zurück in die geistige Welt findet. Deshalb sehen wir, wie in älteren Kulturen sich das unmittelbar aus dem Totenkult charakteristisch herausentwickelt. Wenn wir verstehen wollen, wie die älteren Architekturformen gebildet worden sind, müssen wir überall Rücksicht darauf nehmen zu verstehen, wie die Seele, wenn sie körperentblößt ist, ihren Weg in die geistige Welt zurückfindet. Durch die Mineralien, durch die Pflanzen, durch die Tiere kann sie ihn nicht finden. Durch die Formen, die sich über ihr architektonisch wölbten, glaubte man, da die Seele in einer gewissen Beziehung zum verlassenen Leib stünde, könne sie diesen Weg hinaus in die geistige Welt finden. In dieser Empfindung liegt einer der Grundimpulse für die Entstehung alter architektonischer Formen. Sie sind aus Totenbauten heraus entstanden, insofern die architektonischen Formen künstlerische waren, nicht bloße Nützlichkeitsformen. Das Künstlerische der Baukunst hängt innig mit dem Totenkultus zusammen oder auch damit, daß man wie in Griechenland der Athene, dem Apollo den Tempel baute. Denn gerade so, wie man der menschlichen Seele zuschrieb, daß sie nicht sich entfalten könne, wenn sie sich entfalten soll gegenüber der äußeren umgebenden Natur in Mineralien, Pflanzen, Tieren, so schrieb man auch dem Göttlich-Geistigen des Apollo, des Zeus, der Athene zu, daß sie sich nicht entfalten können, wenn sie umgeben sind von der bloßen Natur, wenn man ihnen nicht aus dem Geistigen des Menschen heraus die Formen schafft, durch welche sich das Seelische in den geistigen Kosmos hinaus entfalten kann. Wie die Seele zum Kosmos steht, das muß man studieren, dann wird man die Maße in den komplizierten Bauformen des alten Orients verstehen.“ (Lit.:GA 276, S. 32ff)

Feuer- und Erdbestattung

„Aber nun müssen wir uns klar werden, was da eigentlich geschieht, wenn wir zum Beispiel gehen, wenn wir uns überhaupt bewegen, Wenn wir uns überhaupt bewegen, dann geht immer von uns etwas zugrunde. Wenn ich hier stehe und nur bis dorthin gehe und nachher meinen Körper untersuchen würde, so würde ich, nachdem ich gegangen bin, mehr Asche in meinem Körper finden, als vorher drinnen war, weil mittlerweile Stoffe drinnen verbrannt sind. Ich kann mich gar nicht bewegen, kann gar nicht das Gleichgewicht, die Schwerkraft mit mir in Zusammenhang bringen, wenn ich nicht irgend etwas in mir verbrenne. Also ich muß eine Verbrennung in mir bewirken, wenn ich dasjenige im Leben benütze, was ich durch das Gehen und durch das richtige Bewegen überhaupt mir erwerbe. Wenn ich aber nur fortwährend tätig wäre und fortwährend also in mir verbrennen würde, ja, da würde ich bald zugrunde gehen daran. Ich muß fortwährend auch wiederum dasjenige herstellen, was ich verbrannt habe.

Aber sehen Sie, das tut mir die äußere Welt nicht. Die äußere Welt, die stellt mir das nicht her, was ich in mir verbrannt habe. Denn Sie brauchen nur zu sehen, wie der menschliche Leichnam sich ausnimmt. Der ist der äußeren Welt ganz übergeben. Die verbrennt ihn. Die äußere Welt verbrennt nämlich den Körper. Sie werden sagen: Nun ja, es werden nicht alle Menschen verbrannt, sondern manche auch begraben. Aber das Verwesen im Grabe, das ist nur ein langsamer Verbrennungsprozeß. Es ist nämlich ganz derselbe Vorgang. Wenn man rasch verbrennt, nun, da verbrennt der Körper in kurzer Zeit. Wer ins Grab gelegt wird, verbrennt langsam. Es ist immer ein richtiges Verbrennen, wie ich es Ihnen das letzte Mal bei der Flamme erklärt habe; nur wird er das eine Mal schnell verbrannt, total, das andere Mal verbrennt er langsam im Grabe.

Nun, wenn wir uns als Leichnam der Erde übergeben, so verbrennen wir. Wenn wir gehen, wenn wir uns bewegen, verbrennen wir auch. Nur können wir den Leichnam nicht mehr lebendig machen, weil wir nicht den anderen Vorgang, der die Verbrennung wieder gut macht, mit ihm ausführen können. Wir können jederzeit den Leichnam wiederum lebendig machen, wenn wir die Verbrennung rückgängig machen. Ja, sehen Sie, die Verbrennung rückgängig machen, das können wir, solange wir leben. Da können wir richtig die Verbrennung rückgängig machen. Warum? Hätten wir nur den Leib, den wir ins Grab legen, da könnten wir die Verbrennung nicht rückgängig machen. Wir haben außer dem Leib, den wir ins Grab legen, auch noch den Ätherleib. Das ist ein feiner Leib. So daß wir, wenn wir den Menschen richtig zeichnen wollen, wir zunächst seinen physischen Leib haben und nachher seinen Ätherleib. Dadurch, daß wir diesen Ätherleib haben, können wir ganz richtig den Verbrennungsvorgang, den wir durch unsere Bewegung immer ausführen, wieder gutmachen.“ (Lit.:GA 349, S. 87ff)

Die Bedeutung der menschlichen Leichname für die Erdentwicklung

Hauptartikel: Leichnam

Dass die Leichname der Menschen in die Erde versenkt werden und sich in ihr auflösen, egal ob das durch Verwesung oder Verbrennung geschieht, ist von höchster Bedeutung für die Erdentwicklung selbst.

"Durch die Kräfte, welche die Erdentwickelung durch die Zuführung der menschlichen Leichname fortwährend bekommt, beziehungsweise der Kräfte, die in den Leichnamen sind, dadurch wird die Evolution der Erde unterhalten. Dadurch werden Mineralien dazu veranlaßt, ihre Kristallisationskräfte[1] noch heute zu entfalten, die sie längst nicht mehr entfalten würden ohne diese Kräfte; sie wären längst zerbröckelt, hätten sich aufgelöst. Dadurch werden Pflanzen, die längst nicht mehr wachsen würden, veranlaßt, heute noch zu wachsen. Und auch mit Bezug auf die niederen Tierformen ist es so. Der Mensch übergibt der Erde in seinem Leibe das Ferment, gleichsam die Hefe für die Weiterentwickelung.

Die Stoffe, welche der Mensch empfängt, und auch die Kräfte, welche er mit der Geburt empfängt, die erneuert er während seines Lebens und gibt sie in verwandelter Form an den Erdenprozeß ab. Es sind nicht dieselben Stoffe und Kräfte, die er bei seinem Tode an den Erdenprozeß abgibt, als diejenigen waren, die er bei seiner Geburt empfangen hat. Er übergibt damit also dem Erdenprozeß etwas, was durch ihn fortwährend aus der übersinnlichen Welt in den physisch-sinnlichen Erdenprozeß einfließt; dies ist ein fortwährendes Befruchten der Erde durch übersinnliche Kräfte, und durch diese befruchtenden, übersinnlichen Kräfte wird der Evolutionsprozeß der Erde erhalten. Ohne menschliche Leichname wäre daher die Erde längst tot." (Lit.: GA 293, S. 53f)

Literatur

Einzelnachweise

  1. Die Ausführungen in GA 293 stehen scheinbar in Widerspruch zu denen in GA 184. Einmal wird betont, dass durch die menschlichen Leichname die Kristallisationskräfte bewahrt werden, das andere Mal wird darauf hingewiesen, dass dadurch die Kristallisationskräfte überwunden werden. Beides ist richtig. Damit sich die Erde im richtigen Tempo entwickeln kann, darf sie einerseits nicht durch mangelnde Kristallbildungskräfte zu früh zu Staub zerfallen, anderseits muss am Ende der physischen Erdentwicklung die Kristallisationstendenz überwunden sein. Die Formkräfte, die aus den menschlichen Leichnamen stammen, wirken so, dass dieser Übergang von der ursprünglichen Kristallbildung bis hin zur Auflösung aller Kristallformen im richtigen Tempo geschieht. Mit dem Mysterium von Golgatha wurde der Auflösungsprozess eingeleitet.