Germanen

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Als Germanen wird eine Gruppe von ehemaligen Stämmen in Mitteleuropa und im südlichen Skandinavien bezeichnet, deren Identität in der Forschung traditionell über die Sprache bestimmt wird. Kennzeichen der germanischen Sprachen sind unter anderem bestimmte Lautwandel gegenüber der rekonstruierten indogermanischen Ursprache, die als germanische oder erste Lautverschiebung zusammengefasst werden. Das von den Germanen bewohnte Siedlungsgebiet wurde entsprechend von den Römern als Germania magna bezeichnet.

Germania magna im frühen 2. Jahrhundert, Karte von Alexander George Findlay aus dem 19. Jahrhundert

Allgemeines

Ab der Zeitenwende prägte der Kontakt mit den Römern die germanische Welt, wie auch die Entwicklung des Römischen Reiches sich zunehmend mit der germanischen Welt verband. In der Spätantike kam es im Verlauf der „Völkerwanderung“ zu weitreichenden Zügen mehrerer germanischer Stämme (gentes), die teilweise größere Verbände bildeten (siehe Ethnogenese), und schließlich zu deren Einfall in das Römische Reich. Ihr Ziel war vor allem Teilhabe am Wohlstand des Imperiums, dessen Strukturen und Kultur sie keineswegs zerstören wollten. Einige dieser Gruppen gründeten Reiche nach antikem römischen Vorbild auf dem Boden des Westreiches, das um das Jahr 476 unterging. Elemente der germanischen Religion und des religiösen Brauchtums wurden unter anderem durch Akkommodation in das angenommene Christentum übertragen. In der neueren Forschung wird dabei die Sammelbezeichnung Germanen zunehmend kritisch gesehen, da die so bezeichneten Gruppen sich niemals als Einheit verstanden hätten, sondern es sich um eine reine Fremdbezeichnung handle, die Unterschiede verwische.[1]

Dieser Artikel beschreibt die allgemeine Geschichte der germanischen Völker, beginnend vor der Zeitenwende, bis in die Spätantike bzw. das beginnende Frühmittelalter. In der Forschung wird auch die Geschichte Skandinaviens bis ins Mittelalter im germanischen Kontext gesehen. Die Geschichte einzelner Stämme, die germanische Mythologie und die germanischen Stammesrechte sind Thema weiterer Artikel.

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Siehe auch

Literatur

  • Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer, Dietrich Hakelberg (Hrsg.): Zur Geschichte der Gleichung „germanisch-deutsch“. Sprache und Namen, Geschichte und Institutionen. (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der germanischen Altertumskunde. Band 34). Berlin u. a., 2004, ISBN 3-11-017536-3.[2]
  • Heinrich Beck (Hrsg.): Germanen, Germania, germanische Altertumskunde. Ungekürzte Studienausgabe des Artikels aus dem Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Berlin 1998, ISBN 3-11-016383-7.
  • Helmut Birkhan: Germanen und Kelten bis zum Ausgang der Römerzeit. Band 1: Der Aussagewert von Wörtern und Sachen für die frühesten keltisch-germanischen Kulturbeziehungen. (= Sitzungsberichte Österreichische Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse. Band 272). Böhlau, Wien 1970.
  • Dieter Bischop u. a.: Siedler, Söldner und Piraten – Chauken und Sachsen im Bremer Raum. (= Begleitband zur gleichnamigen Sonderausstellung im Focke-Museum). Bremer Archäologische Blätter 2/2000, ISSN 0068-0907.
  • Bruno Bleckmann: Die Germanen. Von Ariovist bis zu den Wikingern. C. H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-58476-3.
  • Maureen Carroll-Spillecke: Römer, Kelten und Germanen. Leben in den germanischen Provinzen Roms. Darmstadt 2003, ISBN 3-534-17426-7.
  • Wolfram Euler, Konrad Badenheuer: Sprache und Herkunft der Germanen. Abriss des Protogermanischen vor der Ersten Lautverschiebung. Inspiration Un Limited, Hamburg/London 2009, ISBN 978-3-9812110-1-6.
  • Wolfram Euler, Konrad Badenheuer: Sprache und Herkunft der Germanen. Abriss des Frühurgermanischen vor der Ersten Lautverschiebung. 271 S., Verlag Inspiration Un Ltd., 2. Aufl. London/Berlin 2021, ISBN 978-3-945127-27-8.
  • Sigmund Feist: Germanen und Kelten in der antiken Überlieferung. Halle 1927.
  • Thomas Fischer: Gladius. Roms Legionen in Germanien. C.H. Beck, München 2020.
  • Uta von Freeden, Siegmar von Schnurbein (Hrsg.): Spuren der Jahrtausende. Archäologie und Geschichte in Deutschland. Theiss, Stuttgart 2002, ISBN 3-8062-1337-2 (Zugleich: Germanica. Unsere Vorfahren von der Steinzeit bis zum Mittelalter. Weltbild, Augsburg 2006, ISBN 3-8289-0581-1).
  • Patrick Geary: Die Merowinger. Europa vor Karl dem Großen. München 1996, ISBN 3-406-40480-4.
  • Vilhelm Grønbech: Kultur und Religion der Germanen. Aus dem Dänischen von Ellen Hoffmeyer. Reprint nach der 13. Auflage. Reprint-Verlag-Leipzig, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-8262-3013-4.
  • Otto Holzapfel: Die Germanen. Mythos und Wirklichkeit. (= Herder Spektrum. Nr. 5104). Herder, Freiburg im Breisgau 2001, ISBN 3-451-05104-4.
  • Torsten Evert Karsten: Die Germanen, eine Einführung in die Geschichte ihrer Sprache und Kultur. Nach der Ausgabe Berlin/Leipzig 1928. Marix-Verlag, Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-65-7.
  • Arnulf Krause: Die Geschichte der Germanen. Campus, Frankfurt am Main 2005, ISBN 3-593-36885-4.
  • Karl Reinhard Krierer: Antike Germanenbilder. (= Archäologische Forschungen. Band 11). Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 2004, ISBN 3-7001-3239-5.
  • Ernst Künzl: Die Germanen. Geheimnisvolle Völker aus dem Norden. 2., erweiterte Auflage. wbg Theiss, Darmstadt 2019, ISBN 978-3-8062-4045-0.
  • Bruno Krüger (Hrsg.): Die Germanen – Geschichte und Kultur der germanischen Stämme in Mitteleuropa. (= Veröffentlichungen des Zentralinstituts für Alte Geschichte und Archäologie der Akademie der Wissenschaften der DDR. Band 4). 2 Bände. 4. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1983.
  • Wilfried Menghin, Dieter Planck (Hrsg.): Menschen, Zeiten, Räume. Archäologie in Deutschland. Stuttgart 2002, ISBN 3-88609-467-7.
  • Rudolf Much, Herbert Jankuhn, Wolfgang Lange: Die Germania des Tacitus. Carl Winter, Heidelberg 1967.
  • Harald von Petrikovits: Germani Cisrhenani. In: Heinrich Beck (Hrsg.) Germanenprobleme aus heutiger Sicht. (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Band 1). de Gruyter Berlin/New York 1986, ISBN 3-11-010806-2, S. 88–106.
  • Ernst Alfred Philippson: Germanisches Heidentum bei den Angelsachsen. (= Kölner anglistische Arbeiten. Band 4). Verlag Bernhard Tauchnitz, Leipzig 1929.
  • Walter Pohl: Die Germanen. (= Enzyklopädie deutscher Geschichte. Band 57). 2. Auflage. München 2004, ISBN 3-486-56755-1.
  • Walter Pohl: Die Völkerwanderung. Eroberung und Integration. 2. Auflage. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 2005, ISBN 3-17-018940-9.
  • Donald A. Ringe: From Proto-Indo-European to Proto-Germanic. 2. Auflage Oxford 2017: Oxford University Press, (erste Auflage 2006). [Eine Darstellung der Entwicklung der urgermanischen Sprache von ihren Anfängen.]
  • Alexander Rubel: Religion und Kult der Germanen. Kohlhammer, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-17-029266-6.
  • Knut Schäferdiek: Germanen, Germania, Germanische Altertumskunde. IV. B. § 46: Christianisierung. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Band 11. Berlin/New York 1998, S. 388–395.
  • Walter Schlesinger: Beiträge zur deutschen Verfassungsgeschichte des Mittelalters. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1963.
  • Ernst Schwarz: Germanische Stammeskunde. Heidelberg 1956, Nachdruck 2010: ISBN 978-3-938586-10-5, ISBN 978-3-938586-10-5.
  • Elmar Seebold: Die frühen Germanen und ihre Nachbarn. In: Heinrich Beck, Dieter Geuenich, Heiko Steuer (Hrsg.): Altertumskunde–Altertumswissenschaft–Kulturwissenschaft: Erträge und Perspektiven nach 40 Jahren Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Band 77). De Gruyter, Berlin/Boston 2012, ISBN 978-3-11-027360-1, S. 245–262
  • Rudolf Simek: Die Germanen. Reclam-Verlag, Stuttgart 2011, ISBN 978-3-15-018772-2.
  • Rudolf Simek: Religion und Mythologie der Germanen. WBG, Darmstadt 2003, ISBN 3-534-16910-7.
  • Alexander Sitzmann, Friedrich E. Grünzweig: Die altgermanischen Ethnonyme. Ein Handbuch zu ihrer Etymologie. In: Hermann Reichert (Hrsg.): Philologica Germanica Band 29. Fassbaender, Wien 2008, ISBN 978-3-902575-07-4.
  • Matthias Springer: Die Sachsen. Kohlhammer, Stuttgart 2004, ISBN 3-17-016588-7.[3]
  • Heiko Steuer: Germanen, Germania, Germanische Altertumskunde. III B. Ursprung und Ausbreitung der Germanen. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Band 11. Berlin/New York 1998. S. 318–327.
  • Heiko Steuer: „Germanen“ aus Sicht der Archäologie. 2 Bde. De Gruyter, Berlin/New York 2021, ISBN 978-3-11-069973-9
  • Ake V. Ström, Haralds Biezais: Germanische und Baltische Religion. W. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 1975, ISBN 3-17-001157-X.
  • Klaus Tausend: Im Inneren Germaniens. Beziehungen zwischen den germanischen Stämmen vom 1. Jh. v. Chr. bis zum 2. Jh. n. Chr. (= Geographica Historia. Band 25). Franz Steiner Verlag, Stuttgart 2009, ISBN 978-3-515-09416-0.
  • Dieter Timpe: Germanen, Germania, Germanische Altertumskunde. I. Geschichte. In: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Band 11. Berlin/New York 1998, S. 181–245.
  • Jürgen Udolph: Namenkundliche Studien zum Germanenproblem. Berlin 1994, ISBN 3-11-014138-8.
  • Georg Walser: Caesar und die Germanen. Studien zur politischen Tendenz römischer Feldzugsberichte. Franz Steiner Verlag, Stuttgart 1956.
  • Matthias Wemhoff, Gabriele Uelsberg: Germanen. Eine archäologische Bestandsaufnahme. (= Begleitband zur gleichnamigen Sonderausstellung des Museums für Vor- und Frühgeschichte Berlin und des LVR-Landesmuseums Bonn). wbg Theiss, Darmstadt 2019, ISBN 978-3-8062-4261-4.
  • Reinhard Wenskus: Stammesbildung und Verfassung. 2., unveränderte Auflage. Böhlau, Köln/Wien 1977, ISBN 3-412-00177-5.
  • Reinhard Wenskus: Über die Möglichkeit eines allgemeinen interdisziplinären Germanenbegriffs. In: Heinrich Beck (Hrsg.) Germanenprobleme aus heutiger Sicht. (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde. Band 1). de Gruyter Berlin/New York 1986, ISBN 3-11-010806-2, S. 1–21.
  • Rainer Wiegels: Kleine Schriften zur Germanienpolitik in der römischen Kaiserzeit. (= Pharos. Studien zur griechisch-römischen Antike. Band 29). Verlag Marie Leidorf, Rahden 2016, ISBN 978-3-86757-257-6.
  • Herwig Wolfram, Gabriele Uelsberg: Das Römerreich und seine Germanen. Eine Erzählung von Herkunft und Ankunft. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2018, ISBN 978-3-412-50767-1.
  • Herwig Wolfram: Die Germanen. (= Beck’sche Reihe. Nr. 2004). 10., durchgesehene Auflage. C.H. Beck, München 2018, ISBN 978-3-406-72734-4.
  • Reinhard Wolters: Römische Eroberung und Herrschaftsorganisation in Gallien und Germanien. Zur Entstehung und Bedeutung der sogenannten Klientel-Randstaaten. (= Bochumer Historische Studien, Alte Geschichte. Nr. 8). Universitätsverlag Dr. Norbert Brockmeyer, Bochum 1990, ISBN 3-88339-803-9.
  • Reinhard Wolters: Die Schlacht im Teutoburger Wald. Arminius, Varus und das römische Germanien. 1., durchgesehene, aktualisierte und erweiterte Auflage. C.H. Beck, München 2017, ISBN 978-3-406-69995-5.

Weblinks

Commons: Germanen - Weitere Bilder oder Audiodateien zum Thema
 Wiktionary: Germane – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Anmerkungen

  1. Siehe etwa die Beiträge in: Matthias Friedrich; James M. Harland (Hrsg.): Interrogating the 'Germanic'. A Category and its Use in Late Antiquity and the Early Middle Ages. Berlin: de Gruyter 2020.
  2. Rezension von Gregor Hufenreuter in H-Soz-u-Kult, 22. Juli 2004.
  3. Rezension von Matthias Springer in Sehepunkte, 15. September 2005.
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