Generation

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Eine Generation umfasst im biologischen Sinn alle Lebewesen einer Abstammungslinie, die etwa denselben altersmäßigen Abstand von ihren gemeinsamen Vorfahren bzw. Nachkommen haben. Soziologisch gesehen bilden Menschen der gleichen Generation innerhalb einer gegebenen Gesellschaft eine Altersgruppe mit ähnlicher historisch zeitbedingter Prägung.

Geistiger Hintergrund

In alten vorchristlichen Zeiten, wie sie etwa im Alten Testament geschildert werden, war das Gedächtnis nicht auf den einzelnen individuellen Menschen beschränkt, sondern reichte über viele Generationen zurück.

„Warum ist in den ersten Kapiteln der Bibel von Individualitäten die Rede, die wie Adam, Noah Jahrhunderte alt werden? Weil es für die Menschen, die hier gemeint sind, keinen Sinn hätte, die Personen zu begrenzen. Die Erinnerung reicht hinauf durch Generationen bis zu dem Urvater. Dieser ganzen Generation gab man einen Namen. Es hätte keinen Sinn gehabt, einer einzelnen Persönlichkeit den Namen Adam zu geben. So gab man dazumal den Namen dem, was sich, die gleiche Erinnerung festhaltend, durch Jahrhunderte hindurch von Generation zu Generation zurückerinnerte - Adam, Noah. Und was war das? Es war das, was durch Vater, Sohn und Enkel geht, aber die Erinnerung bewahrte. So treu bewahrt die biblische Urkunde diese Geheimnisse, die erst durch die Geisteswissenschaft verstanden werden können.

Wenn wir das Bewußtsein des Ich, durch das wir die Wesenheit der Jahve-Gottheit erfassen, betrachten, so werden wir sehen, daß das Ich in uns lebt zwischen Geburt und Tod, und daß es diese seine Art aufrechterhält zwischen Geburt und Tod. So hielt das Ich sich damals durch Generationen, durch Jahrhunderte hindurch aufrecht. Wie wir heute von dem Ich sprechen und wissen, daß das Ich zurückgeht so weit, wie wir uns erinnern, ebenso sagte sich der Mensch der Urzeit: Mich selbst ein Ich zu nennen, hat keinen Sinn. Ich erinnere mich zurück an meinen Vater, Großvater, Urgroßvater. - Sein Ich ging durch die Generationen, und es hatte sogar einen Namen. Wie wir in unserem persönlichen Ich einen Ausdruck des Gottes finden, wenn wir uns in dieses Ich vertiefen, so sagte sich der alte Mensch, indem er hinaufsah durch die Generationen: Der Gott, der in dem Ich lebt, lebt durch Generationen hinunter, - als eine Gottheit, die dann Moses in den höheren Welten erkannte. Der Gott war kein anderer als der, welcher sich in alten Zeiten als ein Ich von Generation zu Generation hindurch gelebt hat. Man bezeichnete als Ich, in der Ausdrucksweise der damaligen Zeit, was sich als Ausdruck des Jahve-Gottes fortpflanzte, mit dem Jahve-Worte «Ich bin der Ich-bin». Das war das, was Moses in seiner geistigen Offenbarung erkennen lernte. Im Erschauen des brennenden Dornbusches ist das zum ersten Male offenbart worden. Es war derselbe Gott, der früher von Generation zu Generation herunter gelebt hat, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs. Es war die Kraft, die also in der lebendigen Erinnerung fortlebte und zu gleicher Zeit alles mit sich brachte, was die menschliche Ordnung begründete. So schauen wir hinauf auf die Vorgängerschaft des Moses. Im biblischen Sinne schauen wir hinauf bis zu den Patriarchen, bis zu denen, in welchen der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs lebte.“ (Lit.:GA 57, S. 127ff)

„Schon beim Matthäus-Evangelium könnte es jemand auffällig finden, daß nur zweiundvierzig Generationen von Abraham bis auf Christus genannt werden, und er könnte nachrechnen, daß die Zahl der Jahre, die man gewöhnlich für eine Generation annimmt, nicht ausreichen würde bis zu Abraham hinauf. Wer das sagen würde, müßte aber berücksichtigen, daß früher mit Recht für die alten Zeiten, für die Patriarchenzeiten von Salomo und David aufwärts, längere Zeiten angenommen wurden für die Dauer einer Generation als später. Wenn wir nur einigermaßen selbst mit den historischen Daten fertig werden wollen, dürfen wir nicht bei drei Generationen - zum Beispiel Abraham, Isaak und Jakob - das rechnen, was jetzt der Durchschnitt für drei Generationen ergeben würde, sondern wir müssen für diese drei Generationen etwa zweihundertfünfzehn Jahre festsetzen. Das ergibt auch die okkulte Forschung. Die Tatsache, daß für jene alten Zeiten die Dauer einer Generation länger anzusetzen ist als heute, ergibt sich noch deutlicher für die Generationen von Adam bis auf Abraham herunter. Bei der Generationenfolge von Abraham abwärts kann schon jeder sich klarmachen, daß die einzelne Generation länger angesetzt worden ist; denn es wird immer schon ein hohes Alter den Patriarchen Abraham, Isaak und Jakob zugeschrieben, wenn sie einen Sohn bekommen, der ein Erbsohn ist. Und rechnet man gewöhnlich heute dreiunddreißig Jahre für eine Generation, so rechneten mit Recht diejenigen, die das Matthäus-Evangelium schrieben, in den alten Zeiten fünfundsiebzig bis achtzig und eine noch längere Anzahl von Jahren auf eine Generation. Aber wir haben zu betonen, daß im Matthäus-Evangelium bis zu Abraham gemeint sind einzelne Menschen. Nicht mehr aber sind einzelne Menschen gemeint, wenn wir von Abraham heraufgehen und diejenigen Namen in Betracht ziehen, die das Lukas-Evangelium anführt...

Was wir heute unser Gedächtnis, unser zusammenhaltendes Bewußtsein nennen können, die Erinnerung an das Gleichbleibende unserer inneren Wesenheit, das reicht ja heute für den normalen Menschen nur bis in die ersten Kindheitsjahre. Der moderne Mensch wird, wenn er sein Leben zurückverfolgt, finden, daß irgendwo die Erinnerung abreißt. Der eine wird sich mehr, der andere weniger an die Kindheit erinnern. Aber unser heutiges Gedächtnis ist durchaus im einzelnen persönlichen Leben beschlossen, ja, umfaßt nicht einmal das ganze persönliche Leben bis zum Tage der Geburt...

Wenn wir also hinter die Zeiten zurückgehen, die in der Bibel als die Zeiten des Abraham bezeichnet werden, wird die ganze Seelenverfassung doch etwas anders, als sie später war, und namentlich wird das Gedächtnis anders. Und wenn wir von Abraham an noch weiter zurückgehen bis in die atlantische Zeit, durch die atlantische Zeit hindurch, so müssen wir sagen: Es war damals das Gedächtnis etwas ganz anderes. Es war vor allen Dingen so, daß man sich nicht nur, wie heute, zurückerinnerte an persönliche Erlebnisse des einzelnen Lebens, sondern man erinnerte sich durch die Geburt hindurch an das, was der Vater, was der Großvater und so weiter erlebt hatten. Gedächtnis war etwas, was durch das Blut durch eine Reihe von Generationen hindurchrann, und erst später wurde es für einzelne Zeiten und auf das einzelne Leben zusammengezogen.“ (Lit.:GA 123, S. 109ff)

Siehe auch

Literatur

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