Feminismus

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Women’s March on Washington, Februar 2017
Czarnyprotest in Warschau, 2016 gegen eine Verschärfung der Gesetze zur Abtreibung.

Feminismus (abgeleitet von lat. femina Frau und -ismus über franz. féminisme)[1] ist ein Oberbegriff für geistige, gesellschaftliche, politische, religiöse und akademische Strömungen und soziale Bewegungen, die auf der kritischen Analyse von Geschlechterordnungen (männliche Privilegien, weibliche Unterordnung) basieren, für Gleichberechtigung, Menschenwürde, die Selbstbestimmung von Frauen sowie gegen Sexismus eintreten und diese Ziele mithilfe entsprechender Maßnahmen umzusetzen versuchen.[2][3] Daneben verweist Feminismus auf politische Theorien, die – über einzelne Anliegen hinaus – die Gesamtheit gesellschaftlicher Verhältnisse, einen grundlegenden Wandel der sozialen und symbolischen Ordnung und der Geschlechterverhältnisse im Blick haben. Gleichzeitig erlauben sie Deutungen und Argumente zur Gesellschaftskritik.[4]

Der Feminismus erlebte seinen Aufschwung in Europa mit den Emanzipationsbestrebungen von Frauen im Zuge der Aufklärung; weltweit kommt er immer wieder auch im Zusammenhang allgemeiner Bürgerrechts- und Freiheitsbewegungen zum Zug. Der Feminismus verdeutlicht, dass das Ideal der Gleichheit aller Menschen, wie es vor allem durch die bürgerliche Emanzipation vom Feudalsystem Verbreitung fand, nicht mit den Alltagserfahrungen von Frauen übereinstimmt. Es wird demnach ein Konflikt zwischen dem aufklärerischen Egalitätsanspruch einerseits und der Lebensrealität von Frauen in Neuzeit und Moderne andererseits diagnostiziert. Auf dieser Basis beinhaltet Feminismus auch die Forderung, nicht nur Gleichberechtigung von Frauen und Männern formal (gesetzlich) zu postulieren, sondern auch jene konkreten Zustände anzufechten, in welchen dieses Versprechen real noch immer nicht eingelöst worden ist (vgl. Gleichstellung). [5] Zu diesem Zweck setzten sich Feministinnen und Feministen mit den philosophischen Begründungen für bzw. gegen die Ungleichbehandlung auseinander und entwickelten verschiedene feministische Theorien und Denkansätze als kritische Kultur- und Gesellschaftsanalysen. Jedoch gilt ein einheitlicher Feminismus, dessen Definition weltweite Gültigkeit besäße, heutzutage nicht zwingend als erstrebenswertes Ziel, da Frauen aus unterschiedlichen Kulturen und gesellschaftlichen Verhältnissen stammen, die sie stärker prägen können als das Geschlecht.

Der Feminismus aus anthroposophischer Sicht

"Ich mußte da doch sagen, daß von einem gewissen Gesichtspunkt aus das ganze Anfassen der Frauenfrage ein falsches ist, denn die Frauen haben eigentlich nicht dasjenige in die Zivilisation und Kultur hineingetragen, was sie von sich aus hineintragen können, sondern sie haben die Männerkultur angenommen. Sie sind Mediziner geworden, wie die Medizin von Männern eingerichtet worden ist; sie sind Philologen geworden, wie das Philologische von Männern eingerichtet worden ist. Also da haben die Frauen nicht dasjenige hinzugetragen, was sie in Frauenkleidern hinzutragen können, sondern sie haben Hosen angezogen und haben so diese Emanzipation vollzogen. Das ist etwas, was natürlich auf ein ganz anderes Gebiet gehört. Wir müssen das schon in einem weiteren Sinne beantworten; wir müssen uns durchaus klar sein, daß die Mitwirkung der Frauen so geschehen muß, daß die Frauen eben nicht einfach die Hosen anziehen, sondern daß die Frauen wirklich - Sie werden natürlich verstehen, daß das nur ein Bild ist — dasjenige bringen, was in Kleidern gebracht werden kann, nicht in Hosen." (Rudolf Steiner, GA 343, S.456f.)

"... So wird nicht von einer einseitigen Betrachtung des physischen Daseins ausgegangen, wenn das Wesen der Geschlechter ergründet werden soll, sondern eine Antwort gegeben auf den geistigen Gebieten des Daseins. So nur finden wir die übergeschlechtliche Harmonie, die insofern entsteht, als sich die beiden Geschlechter zu ihr erheben. Wenn wir also kraft der Erkenntnisse, die Geisteswissenschaft zu geben hat, in Stand gesetzt werden, das Übergeschlechtliche im praktischen Leben wirken zu lassen, dann ist die Geschlechterfrage gelöst. Das aber führt nicht vom Leben hinweg. Denn was uns in den beiden Erscheinungen der menschlichen Wesenheit entgegentritt, können wir in richtiger Weise läutern, wenn wir diese höhere Harmonie bewusst anstreben. So wird die Geschlechterfrage vertieft und der Gegensatz harmonisiert. Alles Geschlechtliche erlangt eine ganz andere Form und Bedeutung. Nicht durch Dogmen können wir die Geschlechterfrage lösen, sondern dadurch, dass wir einen gemeinsamen Boden aufsuchen, Empfindungen und Gefühle finden, die über die Geschlechter hinausführen. Im unmittelbaren sozialen Verkehr wird die Geschlechterfrage so zu lösen sein, wie es einer vorgeschrittenen Menschheit gemäß ist. Wenn der Mensch das Übergeschlechtliche findet, dann ist für ihn diese Zeitfrage gelöst." (Rudolf Steiner, GA 56, 4. Vortrag)

Siehe auch

Weiterführende Literatur

Allgemeine Einführungen

  •  Regina Becker-Schmidt, Gudrun-Axeli Knapp: Feministische Theorien zur Einführung. 5., ergänzte Auflage. Junius, Hamburg 2011, ISBN 978-3-88506-648-4.
  •  Ute Gerhard: Frauenbewegung und Feminismus. Eine Geschichte seit 1789 (= C. H. Beck Wissen). C.H. Beck, München 2009, ISBN 978-3-406-56263-1.
  •  Dis/Kontinuitäten: Feministische Theorie (= Lehrbuchreihe zur sozialwissenschaftlichen Frauen- und Geschlechterforschung). Leske und Budrich, Opladen 2001, ISBN 978-3-8100-2897-6.
  •  Barbara Holland-Cunz: Die alte neue Frauenfrage (= Edition Suhrkamp: Neue sozialwissenschaftliche Bibliothek). Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 978-3-518-12335-5.
  •  Margret Karsch: Feminismus für Eilige. Aufbau Verlag, Berlin 2004, ISBN 978-3-7466-2067-1.
  •  Gudrun-Axeli Knapp: Im Widerstreit. Feministische Theorie in Bewegung (= Geschlecht & Gesellschaft). VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2012, ISBN 978-3-531-18267-4.
  •  Die Neue Frauenbewegung in Deutschland. Abschied vom kleinen Unterschied. Ausgewählte Quellen. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2009, ISBN 978-3-531-16764-0.
  •  Nina Lykke: Feminist Studies. A Guide to Intersectional Theory, Methodology and Writing. Routledge, New York 2010, ISBN 978-0-415-51658-7 (eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  •  Bettina Schmitz: Der dritte Feminismus. Denkwege jenseits der Geschlechtergrenzen. ein-Fach-Verlag, Aachen 2007, ISBN 978-3-928089-45-6.
  • Henriette Kuhrt/Sarah Paulsen: Im Dschungel des menschlichen Miteinanders - Ein Knigge für das 21. Jahrhundert, Goldmann Vlg., München 2021, ISBN 978-3-442-31554-3

Sammelbände

  • Yvonne Franke, Kati Mozygemba, Kathleen Pöge, Bettina Ritter, Dagmar Venohr (Hrsg.): Feminismen heute. Positionen in Theorie und Praxis. Transcript Verlag 2014, Bielfeld, ISBN 978-3-8376-2673-5.
  • Rita Casale, Barbara Rendtorff (Hrsg.): Was kommt nach der Genderforschung? Zur Zukunft der feministischen Theoriebildung. Transcript Verlag, Bielfeld 2008, ISBN 978-3-89942-748-6.
  • María Isabel Peña Aguado, Bettina Schmitz (Hrsg.): Klassikerinnen des modernen Feminismus. ein-FACH-verlag, Aachen 2010, ISBN 978-3-928089-51-7.
  • Luise F. Pusch (Hrsg.): Feminismus. Inspektion der Herrenkultur – Ein Handbuch. Frankfurt am Main 1983. (Edition Suhrkamp 1192.)
  • Bettina Roß: Migration, Geschlecht und Staatsbürgerschaft. Perspektiven für eine anti-rassistische und feministische Politik und Politikwissenschaften. VS Verlag Wiesbaden 2004, ISBN 3-8100-4078-9.
  • Alice Schwarzer (Hrsg.): Man wird nicht als Frau geboren. 50 Jahre nach dem „Anderen Geschlecht“ ziehen Schriftstellerinnen und Politikerinnen Bilanz: Wo stehen Frauen heute? Kiepenheuer & Witsch, Köln 2000, ISBN 3-462-02914-2.

Klassiker des Feminismus und der feministischen Philosophie (Auswahl)

  • Simone de Beauvoir: Le deuxième sexe (1949); deutsch: Das andere Geschlecht (1951), (übersetzt von Uli Aumüller und Grete Osterwald), 13. Auflage. Rowohlt Taschenbuch, Reinbek bei Hamburg 2000, ISBN 3-499-22785-1.
  • Judith Butler: Gender Trouble: Feminism and the Subversion of Identity. 1990, deutsch: Das Unbehagen der Geschlechter (1991); Suhrkamp, Berlin 2003, ISBN 3-518-12433-1.
  • Hedwig Dohm: Die Antifeministen. Ein Buch der Verteidigung (1902); Text auf Projekt Gutenberg-Spiegel online;
  • Shulamith Firestone: The Dialectic of Sex (1970); deutsch: Frauenbefreiung und sexuelle Revolution (1975). Fischer Taschenbuch, Frankfurt am Main 1987, ISBN 3-596-24701-2.
  • Emma Goldman: Anarchism and Other Essays (1911), darin Essays zur Frauenfrage; deutsch Auszüge: Das Tragische an der Emanzipation der Frau. K. Kramer Verlag, Berlin 1987; vollständige Ausgabe: Anarchismus & andere Essays. Unrast Verlag, Münster 2013, ISBN 978-3-89771-920-0.
  • Olympe de Gouges: Déclaration des droits de la femme et de la citoyenne (1791); deutsch: Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin.
  • Luce Irigaray: Speculum de l’autre femme (1974); deutsch: Speculum: Spiegel des anderen Geschlechts. Suhrkamp 1980, ISBN 3-518-10946-4.
  • Kate Millett: Sexual Politics (1959); deutsch: Sexus und Herrschaft: die Tyrannei des Mannes in unserer Gesellschaft (1971). Ex Libris, 1971
  • Carole Pateman: The Sexual Contract (1988); deutsch: Der Geschlechtervertrag, Verlag für Gesellschaftskritik, Graz 1994, ISBN 3-85115-194-1.
  • Alice Schwarzer: Der kleine Unterschied und seine großen Folgen. Frauen über sich – Beginn einer Befreiung, 1. Auflage. S. Fischer, Frankfurt a. M. 1975, ISBN 3-10-076301-7.
  • Mary Wollstonecraft: A vindication of the rights of woman (1792); deutsch: Verteidigung der Rechte der Frau. Ausgabe: Mary Wollstondecraft: A Vindication of the Rights of Man and A Vindication of the Rights of Women. S. Tomaselli (Hrsg.). Cambridge University Press, Cambridge 1995
  • Virginia Woolf: A Room of One’s Own(1929); deutsch Ein Zimmer für sich allein (1978), Reclam, Stuttgart 2012, ISBN 978-3-15-018887-3 oder Ein eigenes Zimmer. S. Fischer, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-596-14939-8.

Literatur- und Ideengeschichte

  • Peggy Antrobus: The Global Women’s Movement – Origins, Issues and Strategies. Zed Books, London 2004.
  • Donna Landry, Gerald McLean: Materialist Feminisms. Blackwell, Cambridge 1993.
  • Gerda Lerner: Die Entstehung des feministischen Bewusstseins. Vom Mittelalter bis zur Ersten Frauenbewegung. Dtv, 1998, ISBN 3-423-30642-4.
  • Sheila Rowbotham: A Century of Women. The History of Women in Britain and the US. Penguin, London 1999.
  • Lieselotte Steinbrügge: Das moralische Geschlecht. Theorien und literarische Entwürfe über die Natur der Frau in der französischen Aufklärung. 2. Auflage. Beltz, Weinheim/ Basel; Metzler, Stuttgart 1992, ISBN 3-476-00834-7.

Politische Theorie

  • Carole Pateman (Hrsg.): Feminist Challenges. Social and Political Theory, Routledge Chapman & Hall 2013, ISBN 978-0-415-63675-9.
  • Marion Löffler: Feministische Staatstheorien. Eine Einführung. Campus Verlag, 2011, ISBN 978-3-593-39530-2.
  • Angela McRobbie: Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechterregimes. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010, ISBN 978-3-531-16272-0.
  • Gundula Ludwig, Birgit Sauer, Stefanie Wöhl (Hrsg.): Staat und Geschlecht. Grundlagen und aktuelle Herausforderungen feministischer Staatstheorie. Nomos Verlag, Baden-Baden 2010, ISBN 978-3-8329-5034-7.
  • Melanie Groß, Gabriele Winker (Hrsg.): Queer-, feministische Kritiken neoliberaler Verhältnisse. Unrast, Münster 2007, ISBN 978-3-89771-302-4.
  • Seyla Benhabib: Der Streit um Differenz: Feminismus und Postmoderne in der Gegenwart. Fischer TB 1994, ISBN 3-596-11810-7.

Zeitschriften

USA

  • Ms. (Zeitschrift), seit 1972
  • Feminist Studies, seit 1972
  • Gender & Society, peer-reviewed, seit 1987[6]
  • Hypatia (Zeitschrift), feministische Philosophie
Deutschland
Fachzeitschriften
  • Feministische Studien, Peer-Review, seit 1982
  • Femina Politica - Zeitschrift für feministische Politikwissenschaft (erhielt im Jahr 2000 den Margherita-von-Brentano-Preis)
  • Streit – feministische Rechtszeitschrift, seit 1983
  • Schlangenbrut – Zeitschrift für feministisch und religiös interessierte Frauen (seit 1983)
  • Frauen und Film, Feministische Filmzeitschrift, seit 1974
  • Querelles, Peer-Review, seit 1996
  • Gender, Peer-Review, seit 2009

eingestellt: Beiträge zur Feministischen Theorie und Praxis (1978–2008; die älteste und größte Zeitschrift der autonomen Frauenbewegung)

Publikumszeitschriften
  • Missy Magazine|MISSY MAGAZINE, seit 2008
  • WIR FRAUEN – Das feministische Blatt, seit 1982
  • EMMA – Das politische Magazin für Frauen, seit 1977
  • Clio – Zeitschrift für Frauengesundheit, Hrsg. Feministisches Frauengesundheitszentrum Berlin

eingestellt: Lesbenpresse (1975–1982); COURAGE – aktuelle frauenzeitung (1976–1984), IHRSINN – Eine radikalfeministische Lesbenzeitschrift, (1990–2004)

Österreich
Fachzeitschrift
  • L’Homme. Europäische Zeitschrift für Feministische Geschichtswissenschaft, peer-reviewed, seit 1990
  • Labyrinth – International Journal für Philosophy, Feminist Theory an Cultural Hermeneutics, Website
Publikumszeitschriften
  • dieStandard.at, nur Online verfügbar (www.diestandard.at), seit 2000
  • An.schläge – Das feministische Magazin, seit 1983
  • fiber. werkstoff für feminismus und popkultur, seit 2002
Schweiz
  • FAMA – Die Feministisch-theologische Zeitschrift (seit 1994), fama.ch

Weblinks

 Wiktionary: Feminismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Wikiquote: Feminismus – Zitate

Einzelnachweise

  1. Feminismus. In: Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS).
  2. Sally Haslanger, Nancy Tuana, Peg O’Connor: Topics in Feminism, The Stanford Encyclopedia of Philosophy (Winter 2012 Edition), Zalta Edward N. (ed.)
  3.  Claudia Opitz: Geschlechtergeschichte. Frankfurt a. M. 2010, ISBN 978-3-593-39183-0, S. 124.
  4. Ute Gerhard: Frauenbewegung und Feminismus. Eine Geschichte seit 1789. Beck-Verlag, München 2009, S. 6f.
  5. Vergl. Barbara Holland-Cunz: Das Gleichheitsversprechen. Eine politische Ideengeschichte des modernen Feminismus. In: Dies.: Die alte neue Frauenfrage. Edition Suhrkamp 1. Aufl. 2003, ISBN 3-518-12335-1, S. 17f.
  6. Gender & Society,Sage Journals
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