Nektar und Ambrosia

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Nektar (griech. νέκταρ) ist nach der griechischen Mythologie das Getränk der Götter, so wie Ambrosia (griech. ἀμβροσία; von ἄμβροτος, am-brotos, „un-sterblich“) die unsterblich machende Speise der Götter ist. Ambrosia ist mythologisch und etymologisch verwandt dem aus der indischen Mythologie bekannten Lebenselixier Amrita, dessen Götter und Menschen in gleicher Weise bedürfen und der im Rigveda auch als Somatrank bezeichnet wird, der gleichsam der irdische Repräsentant des himmlischen Amrita ist.

Nach Rudolf Steiner hängen Nektar und Ambrosia mit der Geschlechtertrennung der Menschheit zusammen, mit der die physische Liebe entstand, die den Göttern für ihre eigene Höherentwicklung als Nahrung diente.

Damit entstand bei den Menschen die physische Liebe, welche wieder das Band zwischen den beiden Geschlechtern bildete und andererseits die Möglichkeit zur Höherentwicklung, zur geistigen Erkenntnis. Dadurch, daß sich das Menschenreich spaltete und die physische Liebe entstand, konnten die Götter sich höher entwickeln auf Kosten der Menschen, da für die Götter die physische Liebe der Menschen ebenso Lebensluft war, wie für den Menschen und das Tier der Sauerstoff der Pflanzen, wie für die Pflanze das vom Mineralreich zurückgestrahlte Licht. Es wird in der griechischen Sage erzählt, daß die Götter von Nektar und Ambrosia leben. Das ist die männliche und weibliche Liebe der Menschen. Zu gleicher Zeit entwickelte sich in den Menschen das Herz, die Lungen und das warme Blut - vorher atmeten die Menschen durch Kiemen. Sie lebten in einer Atmosphäre, die man nicht durch Lungen hätte einatmen können. - Nun verwandelten sich die Atmungsorgane allmählich, um den Sauerstoff der Luft einatmen zu können.

Der Aufstieg und die Fortentwicklung besteht nun darin, daß die Menschen die physische Liebe überwinden. Die Trennung in die beiden Geschlechter war notwendig, damit sich im Menschen der Intellekt entwickeln konnte. Er wurde dadurch in eine niedere und eine höhere Natur gespalten. Nun muß aber das, was die beiden Geschlechter zusammen verbindet, auch wieder überwunden werden. Es ist eine Stufe des Aufstiegs, wenn der Mensch die Kräfte der physischen Liebe opfert und in höhere Kräfte umwandelt. Dadurch, daß er diese niederen Kräfte opfert, kann das Höhere in ihm zutage treten." (Lit.: GA 266a, S. 151f)[1]

"Wie das Tier und der Mensch von der Pflanze, so sind wieder die Götter von den Menschen abhängig. Das hat die griechische Mythe so schön ausgedrückt: Die Götter erhalten von den Sterblichen Nektar und Ambrosia. Beide bedeuten die Liebe. Die Liebe wird innerhalb des Menschengeschlechtes erzeugt. Und Liebe atmet das Göttergeschlecht ein, sie ist die Götternahrung. Die Liebe, die von den Menschen erzeugt wird, wird den Göttern Speise. Das ist viel wirklicher als etwa die Elektrizität, so seltsam es zuerst erscheint. Die Liebe tritt zuerst als Geschlechtsliebe auf und entwickelt sich hinauf bis zur höchsten geistigen Liebe. Aber alle Liebe, niedere und hohe, ist Götteratem. Nun kann man sagen: Wenn das alles so ist, kann es kein Böses geben. Aber Weisheit liegt der Welt zugrunde, Liebe entwickelt sich. Weisheit wird die Lenkerin der Liebe. So wie alle Weisheit aus Irrtum geboren wird, ringt sich alle Liebe nur aus Kämpfen zur Höhe empor." (Lit.: GA 055, S. 95f)

"Wie das Pflanzenreich Sauerstoff ausatmet, so atmet die Menschenwelt Liebe aus - seit der Trennung der Geschlechter -, und von diesen Ausströmungen der Liebe leben die Götter. Warum atmen das Tier und der Mensch Liebe aus? Der Okkultist sieht im heutigen Menschen ein in voller Evolution befindliches Wesen. Der Mensch ist ein gefallener Gott und ein werdender Gott in einem.

Die Reiche der Himmel nähren sich von der Ausströmung der menschlichen Liebe. Das Griechentum drückte diese Tatsache im Mythos von Nektar und Ambrosia aus. Indessen stehen die Götter dermaßen hoch über dem Menschen, daß sie ihn, ihrer eigenen Natur nach, eigentlich erdrücken würden. Aber es gibt etwas zwischen dem Menschen und den Göttern, eine Art Zwischenstufe, so wie die Mistel eine Zwischenstufe ist zwischen Pflanze und Tier: Das ist Luzifer und das luziferische Wesen überhaupt.

Die Götter haben nur ein Interesse an der Liebefähigkeit der Menschen. Während Luzifer in Schlangengestalt den Menschen verführen will, nach Wissen und Erkenntnis zu suchen, widersetzt sich ihm Jehova. Aber Luzifer ist ein gefallener Gott, der nur durch den Menschen aufsteigen kann, indem er ihm die Begierde nach persönlicher Erkenntnis eingibt. Er widersetzt sich daher dem Willen des Gottes, der den Menschen nach seinem Bilde geschaffen hatte." (Lit.: GA 094, S. 30)

"Damals waren göttliche Wesen da, die man die Devas nennt, die keinen physischen Leib brauchten, die im Astralraum schwebten. Was sie durch einen physischen Leib erwerben konnten, hatten sie auf dem Monde durchgemacht. Es waren aber auch noch andere Wesenheiten da, die auf dem Monde ihre Evolution nicht beendet hatten, die damit nicht fertig geworden waren. Dies sind die luziferischen Wesenheiten, die gegenüber den Devas zurückgeblieben waren. Die Götter oder Devas lebten von dem auf der Erde, was eine Eigenschaft der Menschen geworden war, von der zweigeschlechtlichen Liebe. Die Liebe der Menschen ist die Luft oder auch die Nahrung, welche die Götter genießen. Man bezeichnete sie in der griechischen Mythologie als Nektar und Ambrosia." (Lit.: GA 097, S. 166)

"Wie war nun das Verhältnis der Götter zu den Menschen? Die Menschen werden im Verlaufe ihrer Entwickelung Götter sein, und die Götter haben eine Art Menschheitsentwickelung durchgemacht, anders als die unsrige, auf andern Planeten, aber immerhin etwas Ähnliches. Die Höherstehenden entwickeln sich fort auf der Grundlage der niederen: Mensch und Tier leben von der Pflanze, diese vom Mineral. Nie könnten die Götter sein, wenn die Menschen nicht wären. Es besteht das gleiche Verhältnis zwischen ihnen. Was brauchen nun die Götter von uns? Sie nähren sich von unserer Liebe. Die Zweiteilung der Geschlechter tritt ein. Die wirkliche Bedeutung von Nektar und Ambrosia, der Nahrung der Götter, ist die Liebe des Mannes und der Frau. Es ist dies der Ausdruck einer okkulten Tatsache.

Zwischen Göttern und Menschen stehen nun Wesenheiten, die ihre Entwickelung nicht zu gleicher Zeit mit den Göttern vollendet haben, die sozusagen in der Schule der Evolution sitzengeblieben sind, den Menschen aber weit voraus sind. Es sind die luziferischen Wesenheiten. Sie sind die Anfacher der höheren geistigen Selbständigkeit beim Menschen. Sie erzogen ihn zum Aufruhr gegen die Götter, sie bildeten jenen Teil in ihm aus, der die Götter nicht nährt. In der Paradiesessage erscheint deshalb Luzifer als Schlange, und die Strafe Jehovas ist: «Mit Schmerzen sollst du Kinder gebären.» Die Scharen des Luzifer wirkten weiter an der Verstandeserziehung. Was sie nicht erreicht hatten, holten sie nach, als die Fernehe entstand. Nicht mehr das unfreie Blut bewirkt Liebe, sondern von außen durch Übereinstimmung der Seelen kommt sie. Wenn wir dies erwägen, wird uns auch Jehovas Walten klar: Er ordnet durch richtige Gesetze die Blutsverwandtschaft. Das alte Gesetz schafft unter den Menschen Ordnung. Luzifer wurde achthundert bis neunhundert Jahre vor Christus frei, und die innere Kraft der Seele beginnt sich zu entfalten. Christus ist der Repräsentant der neuen Ordnung. Das äußere Gesetz wurde auf dem Sinai gegeben, das innere Gesetz, die Gnade, ist denen gegeben, die befreit durch Christus sind. So ist der Fortschritt der Menschheit: immer mehr mußte sich im Menschen das luziferische Prinzip entwickeln. Die äußere Wissenschaft soll durch die Theosophie frei werden: Wissenschaft vertieft zur Weisheit. Der Name Luzifer deutet das Prinzip der Selbständigkeit an, deshalb nannte Madame Blavatsky ihre erste Zeitschrift so und deshalb heißt die unsere so, um dieses Prinzip zu dokumentieren. Mehr und mehr werden sich die Unterschiede zwischen Menschen und Völkern abschleifen und der erste Satz der Prinzipien der Theosophischen Gesellschaft in Kraft treten: den Kern einer Menschenbruderschaft zu bilden. Die Liebe der Blutsverwandtschaft wird immer mehr überwunden werden, und man wird mehr die seelischen Zusammenhänge suchen. Aus den größten Fernen werden sich die Seelen zusammenfinden. Die Weiterentwikkelung und Umwandlung des Verstandes wird uns in der Zukunft ein neues Hellsehen bringen. Das Überwinden der Geschlechtsliebe bedeutet zunächst Vereinsamung. Der Chela muß entwurzelt werden - die große Überwindung aller Verwandtschaftsgefühle, das ist die Funktion des luziferischen Prinzips." (Lit.: GA 097, S. 173f)

Anmerkungen

  1. In zwei anderen, sonst gleichlautenden handschriftlichen Mitschriften heißt es:
    «Damit entstand bei den Menschen die physische Liebe. Dadurch konnte sich über das Reich der Menschen noch erheben das Reich der Götter. Diese leben von der physischen Liebe der Menschen, so wie Menschen und Tiere von dem Sauerstoff, den die Pflanzen ausströmen, und wie die Pflanzen von dem aus der Mineralwelt zurückgestrahlten Lichte. Es wird in der griechischen Sage erzählt, daß die Götter von Nektar und Ambrosia leben, das ist die männliche und weibliche Liebe der Menschen.
    Der Aufstieg des Menschen vollzieht sich zunächst durch die Überwindung der physischen Liebe; zweitens durch die Regelung des Atmungsprozesses, das Verzichtleisten auf das Leben der Pflanze, den Sauerstoff; drittens durch Entwicklung des Kundalinilichtes, das Zurückgeben des vom Mineralreich zurückgestrahlten Lichtes.»

Literatur

  1. Rudolf Steiner: Die Erkenntnis des Übersinnlichen in unserer Zeit, GA 55 (1983), ISBN 3-7274-0550-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  2. Rudolf Steiner: Kosmogonie, GA 94 (2001), ISBN 3-7274-0940-1 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  3. Rudolf Steiner: Das christliche Mysterium, GA 97 (1998), ISBN 3-7274-0970-3 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
  4. Rudolf Steiner: Aus den Inhalten der esoterischen Stunden, Band I: 1904 – 1909, GA 266a (1995), ISBN 3-7274-2661-6 pdf pdf(2) html mobi epub archive.org English: rsarchive.org
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