Hygienischer Okkultismus

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Ein hygienischer Okkultismus wird nach Rudolf Steiner schon sehr bald als Folge der natürlichen Entwicklung vor allem in der Mitte Europas bis weit hinein nach Asien entstehen, durch den man lernen wird, Krankheiten auf psychischem Weg prophylaktisch zu verhüten. Ergänzend dazu wird noch weiter im Osten ein eugenischer Okkultismus der spirituellen Geburtenkontrolle und im Westen ein mechanischer Okkultismus entstehen.

„Von einer dritten Fähigkeit, die heute latent ist und die sich entwickeln wird, muß ich Ihnen sprechen. Es ist diejenige, die ich nennen möchte die hygienische okkulte Fähigkeit. Nun haben wir alle drei: die materielle okkulte Fähigkeit, die eugenetische okkulte Fähigkeit und die hygienische okkulte Fähigkeit. Diese hygienische okkulte Fähigkeit ist auf dem guten Wege und wird verhältnismäßig nicht lange auf sich warten lassen. Diese Fähigkeit wird einfach durch die Einsicht reifen, daß das menschliche Leben, indem es von der Geburt bis zum Tode verläuft, nach einem Prozeß verläuft, der ganz identisch ist mit einem Krankheitsprozeß. Krankheitsprozesse sind nämlich nur spezielle und radikale Umbildungen des ganz gewöhnlichen, normalen Lebensprozesses, der zwischen Geburt und Tod verläuft, nur daß wir in uns nicht nur die krankmachenden Kräfte tragen, sondern auch die gesundmachenden Kräfte. Und diese gesundmachenden Kräfte, das weiß jeder Okkultist, sind ganz genau dieselben wie diejenigen, welche man dann anwendet, wenn man sich okkulte Fähigkeiten erwirbt, indem man diese Kräfte in Erkenntnisse umwandelt. Die dem menschlichen Organismus innewohnende Heilkraft in Erkenntnis umgewandelt gibt eben okkulte Erkenntnisse.

Es weiß nun wiederum jeder Wissende in den westlichen Zirkeln, daß in Zukunft die materialistische Medizin keinen Boden haben wird. Denn in dem Augenblicke, wo sich die hygienisch-okkulten Fähigkeiten entwickeln, wird man nicht eine äußere materielle Medizin brauchen, sondern es wird die Möglichkeit da sein, jene Krankheiten, die nicht durch karmische Ursachen entstehen und deshalb unbeeinflußbar sind, auf psychischem Wege prophylaktisch zu behandeln, zu verhüten. Es wird sich alles in dieser Beziehung ändern. Das erscheint heute noch wie eine bloße Phantasie, aber das ist etwas, was sogar sehr bald kommen wird.

Nur liegt die Sache so, daß diese drei Fähigkeiten nicht etwa gleichmäßig über alle Bevölkerung der Erde kommen. Sie haben ja schon die Differenzierung gesehen. Diese Differenzierung hat natürlich nur etwas zu tun mit den Leibern, nicht mit den Seelen, die ja immer von Rasse zu Rasse und von Volk zu Volk gehen; aber mit den Leibern hat sie sehr viel zu tun, diese Differenzierung. Aus den Leibern der englisch sprechenden Bevölkerung kann niemals herauskommen die Fähigkeit, durch Geburt eugenetisch-okkulte Fähigkeiten in Zukunft zu entwickeln. Sie werden angewendet werden gerade im Westen, aber dadurch angewendet werden, daß man Ostländer beherrschen wird und Ehen herbeiführen wird zwischen den Menschen des Westens und den Menschen des Ostens; daß man benützen wird dasjenige, was man nur von den Menschen des Ostens erfahren kann.

Für die hygienisch-okkulten Fähigkeiten sind besonders veranlagt die Menschen der Mittelländer. Und die Sache liegt so, daß die englischsprechende Bevölkerung nicht durch die Geburtsanlage die hygienisch- okkulten Fähigkeiten erlangen kann, daß sie aber im Laufe der Zeit in der Entwickelung zwischen Geburt und Tod sich diese Fähigkeiten erwerben kann. Da können sie erworbene Eigenschaften werden. Und bei der Bevölkerung ungefähr östlich vom Rhein bis nach Asien hinein werden sie durch die Geburt vorhanden sein. Und wiederum ist es so, daß die Bevölkerung der Mittelländer die eugenetisch-okkulte Anlage nicht unmittelbar erwerben kann durch Geburt, aber sie im Laufe des Lebens sich aneignen kann, wenn sie in die Lehre geht bei den Menschen des Ostens. So werden diese Fähigkeiten verteilt sein. Die Menschen des Ostens werden gar keine Fähigkeit haben zum materiellen Okkultismus; sie werden ihn nur empfangen können, wenn man ihn ihnen gibt, wenn man ihn nicht vor ihnen geheim hält. Und man kann immer die Mittel finden, ihn geheim zu halten, besonders wenn die andern so töricht sind, an die Dinge nicht zu glauben, die jemand sagt, der einmal in der Lage ist, in diese Dinge ungefähr hineinzuschauen. Die Menschen also des Ostens und die Menschen der Mittelländer werden den materiellen Okkultismus vom Westen erhalten müssen. Sie werden die Segnungen eben erhalten - die Produkte. Der hygienische Okkultismus, er wird sich vorzugsweise in den Mittelländern entwickeln, der eugenetische in den Ostländern. Aber eine Kommunikation wird zwischen den Menschen stattfinden müssen. Das ist etwas, was in die sozialen Impulse der Zukunft aufgenommen werden muß; das ist etwas, was notwendig macht, daß die Menschen einsehen: Sie können über die ganze Erde hin in der Zukunft nur noch als Gesamtmenschheit leben. Denn wollte der Amerikaner nur als Amerikaner leben, so würde er zwar den höchsten materiellen Effekt erreichen können, aber er würde sich dazu verdammen, niemals über die Erdenentwickelung hinauskommen zu können. Er würde sich dazu verdammen, wenn er nicht die sozialen Beziehungen zum Osten suchte, als Seele nach irgendeiner Inkarnation in das Erdengebiet gebannt zu werden und nur innerhalb des Erdengebietes zu spuken. Die Erde würde herausgehoben werden aus ihrem kosmischen Zusammenhange, und es würden alle diese Seelen spuken müssen. Der Mensch des Ostens hingegen würde, wenn er nicht aufnehmen würde mit seinen eugenetisch-okkulten Fähigkeiten das, was zur Erde niederzieht, den Materialismus des Westens, die Erde verlieren. Er würde bloß in irgendeine psychisch-spirituelle Entwickelung hineingezogen werden, und er würde die Erdenentwickelung verlieren; die Erde würde gleichsam unter ihm versinken, er würde die Früchte der Erdenentwickelung nicht haben können.“ (Lit.:GA 186, S. 74ff)

„Nun gibt es aber Hindernisse für die Entwickelung dieser Fähigkeiten; und die sind mannigfaltiger Art, und ihre Wirksamkeit ist eigentlich eine recht komplizierte. So ist zum Beispiel gerade für den Menschen der Mittelländer und der Ostländer ein bedeutsames Hindernis, die Fähigkeiten, die da kommen sollen, namentlich wissentlich zu entwickeln, wenn starke Antipathien gegen die Menschen der Westländer in ihnen spielen, wenn diese Dinge nicht objektiv betrachtet werden können. Das ist ein Hindernis für die Entwickelung dieser Fähigkeiten. Dagegen wird in einer gewissen Weise sogar die Anlage zu einer späteren okkulten Fähigkeit unterstützt, wenn sie aus gewissen Instinkten des Hasses heraus entwickelt wird. Das ist eine sehr eigentümliche Erscheinung. Denn man fragt sich doch so oft - hier liegt nämlich etwas, was recht objektiv betrachtet werden sollte -: Warum ist denn eigentlich auf dem Gebiete der Westländer so unsinnig geschimpft worden? - Das zielt auch aus dem Instinkte schon nach diesen Fähigkeiten hin. Denn nichts wird das, was in den tiefsten Impulsen des westlichen Okkultismus liegt, mehr fördern, als wenn sich unwahre, aber gewissermaßen als heilig empfundene Gefühle entwickeln, welche die Menschen des Ostens, namentlich die Menschen der Mittelländer als «Barbaren» hinstellen können. Gefördert werden die materiellen okkulten Anlagen gerade zum Beispiel durch jene Stimmung, welche in Amerika die sogenannte «Kreuzzugstimmung» ist. Diese besteht darin, daß Amerika berufen sei, Freiheit und Recht, und ich weiß schon nicht, was die schönen Dinge alle sind, über die ganze Erde zu bringen. Die Leute glauben das selbstverständlich. Hier ist nicht die Rede von irgendwelcher Anschuldigung. Die Leute glauben, daß sie einen Kreuzzug machen. Aber gerade darin, daß man das Unrichtige glaubt, darinnen liegt die Unterstützung nach einer gewissen Richtung hin. Würde man bewußt das Unrichtige sagen, dann würde man diese Unterstützung nicht haben. So ist auf der einen Seite dasjenige, was jetzt geschieht, unendlich förderlich, auf der andern Seite hinderlich gerade der Entwickelung derjenigen Fähigkeiten, von denen man sagen muß, daß sie heute bei den meisten Menschen noch latent sind, daß sie sich aber gegen die Zukunft hin entwickeln wollen, und daß sie tief eingreifen werden in die soziale Struktur der Menschen der Zukunft.“ (Lit.:GA 186, S. 77f)

Eine besondere Bedeutung für die Entwicklung einer spirituellen Hygiene kommt der Pädagogik zu. Wichtig ist dabei, dass man den Kindern nicht fertige, tote, sondern lebendige Begriffe vermittelt, die sie in ihrem vollen Umfang noch gar nicht intellektuell überschauen, sondern durch die geliebte Autorität des Lehrers vertrauensvoll aufnehmen, und die im Laufe ihres ganzen Lebens mit ihnen wachsen und reifen können.

„Heute legt man zum Beispiel in der Erziehung, im Unterricht einen ungeheuren Wert auf die sogenannte Anschauung, mit Recht, denn innerhalb gewisser Grenzen ist es gut, wenn man das Kind unmittelbar hinführt vor das äußerlich oder innerlich Anschaubare und seine Vorstellungen, seine Begriffe sich ihm einbilden läßt so, daß es sie selbst abzieht. Aber nicht alles kann in dieser Weise an das Kind herangebracht werden, wessen es bedarf zu seiner Entwickelung für ein menschenwürdiges Dasein. Und so muß in das Kind vieles einziehen bloß dadurch, daß es hinaufsieht zu seinem Erzieher, zu seinem Unterrichter als zu seiner Autorität, zu dem, der ein gewisses Feuer im Erziehen, im Unterrichten entwickelt, der Imponderabilien mit seinem Feuer von sich in das Kind hinüberleitet. Da wird es dann manches geben können, was das Kind aufnimmt in dem Glauben, die Autorität glaube an das; es versteht es aber noch nicht. Dann können die Zeiten eintreten vielleicht nach fünfzehn, zwanzig Jahren, nachdem das Kind die Schule verlassen hat, wo es sich erinnert: das hast du dazumal gelernt und nicht verstanden, jetzt bist du reif geworden, jetzt holst du es rein gedächtnismäßig aus deinem Seelenquell herauf. Jetzt verstehst du es. Wer das Seelenleben des Menschen kennt, der weiß, daß ein solches durch späteres Reif werden vermitteltes Verstehen desjenigen, was man schon Jahre, vielleicht Jahrzehnte in der Seele getragen hat, Kräfte entwickelt, die innerlich den Menschen erstarken; es gießt in den Willen nichts eine solche Energie hinein vom Innersten der Seele aus wie das Verstehenlernen von etwas durch seine eigene Reifekraft, von etwas, was man vor Jahren auf Autorität, auf Mitteilung hin aufgenommen hat.

So kann verbunden werden Pädagogik mit ideeller, mit spiritueller Hygiene. Wenn einmal wirklich unsere öffentliche Gesundheitspflege durchzogen werden wird mit solchen weitgehenden Anschauungen, dann wird erst das Geistige, das in der Menschheit wurzelt, seine für die Menschheit so heilsamen Energien wirklich entfalten können. Während all das, was wir nur aufnehmen durch den Intellekt und seine Ausbildung, gewissermaßen vom Menschen losgelöst ist und daher auch nicht auf den Menschen zurückwirken kann, wird das, was aus der ganzen Menschennatur herausgeholt ist, das Geisteswissenschaftliche, auch zurückwirken können auf diese ganze Menschennatur. Und wir haben, wenn wir auch in der Medizin nicht bloß auf Augenblickserfolge, sondern auf eine Gesundheitspflege sehen, die mit den Weltgesetzen, also auch mit den Zeitgesetzen rechnet, wir haben die Möglichkeit, ungeheuer Günstiges in dieser Richtung zu wirken.“ (Lit.:GA 334, S. 43f)

Literatur

Literaturangaben zum Werk Rudolf Steiners folgen, wenn nicht anders angegeben, der Rudolf Steiner Gesamtausgabe (GA), Rudolf Steiner Verlag, Dornach/Schweiz Email: verlag@steinerverlag.com URL: www.steinerverlag.com.
Freie Werkausgaben gibt es auf steiner.wiki, bdn-steiner.ru, archive.org und im Rudolf Steiner Online Archiv.
Eine textkritische Ausgabe grundlegender Schriften Rudolf Steiners bietet die Kritische Ausgabe (SKA) (Hrsg. Christian Clement): steinerkritischeausgabe.com
Die Rudolf Steiner Ausgaben basieren auf Klartextnachschriften, die dem gesprochenen Wort Rudolf Steiners so nah wie möglich kommen.
Hilfreiche Werkzeuge zur Orientierung in Steiners Gesamtwerk sind Christian Karls kostenlos online verfügbares Handbuch zum Werk Rudolf Steiners und Urs Schwendeners Nachschlagewerk Anthroposophie unter weitestgehender Verwendung des Originalwortlautes Rudolf Steiners.